Jess Rothenberg: Weißt du eigentlich, dass du mir das Herz gebrochen hast?, Aus dem Englischen von Ines Klöhn, Carl Hanser Verlag, München 2012, 360 Seiten €14,90, 978-3-446-24019-3

„ Der Tod war genauso dumm wie das Leben! Tonnenweise blöde Regeln, die keinen Sinn machten.“

Die 15-jährige Brie, eigentlich Aubrie, lebt in einer amerikanischen Bilderbuchfamilie in Nordkalifornien. Der Vater ist ein angesehener Kardiologe, die Mutter lehrt Zeichnen, ist die Künstlerin in der Familie, Brie liebt ihren achtjährigen Bruder Jack und dann ist da noch der Familienhund Heamloaf, den alle mögen. Wie jedes gute amerikanische Mädchen ist Brie eine ausgezeichnete Sportlerin und Kunstspringerin. Seltsamerweise ist sie völlig in die Musik der 1980er Jahre vernarrt und so beginnt jedes Kapitel mit einem Songtitel. Mit Sadie, Tess und Emma verfügt Brie über die ultimativen Freundinnen, die durch dick und dünn gehen. Ja, und dann verliebt sich Brie auch noch in ihren Buddelkastenfreund Jakob. Gut 14 Monate sind sie ein Paar bis dieser nach einer leichten Abkühlungsphase Brie mitteilt, er liebe sie nicht.

Panik, Chaos – und ein Herz, das in zwei Teile zerfällt, im buchstäblichen Sinn, sind die Folgen. Brie stirbt. Offenbar hatte sie einen unbemerktes Herzproblem und nun schlägt das Schicksal zu.

Aus Bries Sicht, von außen, betrachtet sie nun als Engel die Geschehnisse rund um ihre Familie, ihre Freundinnen und Jakob. Nach ihrer Beerdigung, bei der Brie zu Gast war, geht es ab zur Endstation Ewigkeit. Und die kann sich sehen lassen, denn Brie landet in ihrer Lieblinspizzeria, wo sie endlos vegetarische Pizza, versteht sich, essen und ihre romantischen Lieblingsfilme wie „Schlaflos in Seattle“, „Harry und Sally“ oder „E-Mail für dich“ sehen kann. Das gute alte Jenseits entpuppt sich als kulinarischer Tempel, doch Brie kann sich mit dem jähen Ende ihres Lebens nicht abfinden. Neben anderen jungen Freaks trifft sie den selbstverliebten, aber witzigen Patrick, der seit 1983 bereits tot ist. Er sieht aus wie eine verkappter James Dean, und scheint gern schnelle Motorräder zu fahren.

Verhält sich Brie, die ständig mit ihrem Käsenamen aufgezogen wird, noch genervt und auf Abstand zu Patrick, so findet sie ihn schon interessanter als er ihr offenbart, dass sie sich an Jakob durchaus rächen könnte. Allerdings hatte er vergessen ihr zu sagen, dass sie dafür vom höchsten Punkt der Golden-Gate-Bridge springen muss.
Rache ist süß und auch wieder nicht, denn nach und nach begreift Brie, dass sie vieles, was ihre Freundin Sadie bereits erkannt, hat, nicht sehen wollte oder konnte.
Was ist wirklich zwischen Sadie und Jakob? Warum distanzieren sich alle von dem Supersportler Jakob? Warum geht die Ehe ihrer Eltern in die Brüche? Je mehr sie als Zaungast weiterhin am Leben der Hinterbliebenen teilnimmt, um so komplizierter werden die fünf Etappen: Verleugnung, Wut, Rache, Traurigkeit und ja, etwas Neues.

Als Brie sich auf einen Seelenhandel einlässt, um noch einmal die entscheidende Szene vor ihrem Tod mitzuerleben, dreht sich die gesamte Geschichte und Patricks Rolle in dem ganzen abgedrehten Szenario wird langsam erkennbar. Auf wen wartet er nun schon so lang? Warum hat das Schicksal ihn an diesen Ort verschlagen und was hat das mit Bries eigenartigen Alpträumen zu tun?
Der Blick von außen auf den eigenen Tod und eine letzte Chance, die schiefgelaufenen Ereignisse in die richtige Reihe zu lotsen, wurde bereits von vielen Autoren, auch in der Belletristik, als Ausgangsplot ausprobiert.

Jess Rothenberg setzt in ihrem Debütroman dieses auch gewagte Szenarium mit einem eigenen, leichten Ton und vielen detailreichen Ideen um.