Karin Koch & André Rösler: Wär ich Pirat….., Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2012, 48 Seiten, €9,90, 978-3-7795-0372-9

„Und wann spielst du?“, fragt Elli.

Wo die einen Kinder ohne Frühstück in die Schule geschickt werden, nur auf der Straße rumhängen und nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollen, da werden die anderen von sorgenvollen Eltern überbehütet und gnadenlos gefördert. Leander, der Ich-Erzähler dieser Geschichte, geht in die dritte Klasse. Er ist nicht der leistungsmäßige Überflieger, aber doch ein nachdenkliches Kind. Seit seine Schwester Leonie auf der Welt ist, herrscht in der Familie viel Stress und Unruhe.
Gern träumt Leander sich fort, sitzt an seinem Fluss, an der Stelle mit den vielen Steinen, und denkt sich in die Rolle eines mies gelaunten, starken, aber manchmal auch lieben Piraten, der all seine Wut auf dem Meer austoben kann. Piraten müssen keine Rücksicht auf ihre Babyschwester nehmen, nicht zum logopädischen oder psychomotorischen Unterricht, sie müssen nicht basteln, nicht Englisch lernen oder zum Kreativitätstraining und vor allem haben sie nicht wie Leander jeden Nachmittag mehr als nur einen wichtigen Termin. Nur aufs Bogenschießen am Donnerstag freut sich der Junge.

Überhäuft mit Nachmittagsaktivitäten, die die Geduld und Konzentration fördern sollen, fühlt sich Leander eingezwängt und irgendwie nutzlos. Wann kann er spielen? Wann darf er er sein? Warum haben die Eltern, die offenbar so besorgt sind, keine Zeit fürs Kind?
Jede Frage, die Leander stellt, wird nur nach der Wichtigkeit für die Schule abgeklopft. Beim fernen Blick der Eltern in die Zukunft, versäumen sie zu erkennen, was ihr Kind in der Gegenwart so dringend benötigt.

Als Leander Elli beim Bogenschießen trifft, wird ihm klar, wie wenig Spielraum er für sich hat. \r\nDie Fünf im Diktat belastet Leander, die ständigen Kurse nerven ihn. Viel lieber würde er mit Elli zusammensein und mit ihrem Meerschweinchen spielen. Alle Ermahnungen der Eltern fliegen an seinen Ohren vorbei. Leander fasst einen Entschluss ….
Vielleicht merkt man dieser ohne Zweifel auch poetischen Geschichte von Karin Koch zu sehr den mahnenden Zeigefinger der Psychotherapeutin an. Zwar legt sie besagten Finger in die richtige Wunde, doch wirkt die vernünftige Einsicht der Eltern tröstlich, aber nicht realitätsnah.

Und doch, Leanders Geschichte berührt, auch durch die einfühlsamen Zeichnungen von André Rösler.