Fiona Rempt: Vertauscht, Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2014, 185 Seiten, €14,99, 978-3-8251-7908-3
„Sie betrachtet mein Leben als einen Wültisch, von dem sie sich nehmen kann, was sie will. Und was weiß ich über ihr Leben? So gut wie nichts!“
An ihrem 13. Geburtstag fallen Pum und Yannick aus allen Wolken, denn sie wurden als Babys in der Klinik in Den Haag vertauscht. Beide Elternpaare allerdings wissen es bereits seit die Kinder fünf Jahre alt sind. Gemeinsam haben sie beschlossen, den Mädchen die Wahrheit zu einem Zeitpunkt zu sagen, an dem sie selbst eine Entscheidung treffen können.
Die niederländische Autorin Fiona Rempt greift ein Thema auf, dass gedanklich schon viele Kinder durchgespielt haben. Sie erzählt diese Geschichte, die sich anhört wie ein Hollywood-Film, aus den Blickwinkeln der beiden Mädchen. Pum und Yannick haben für Mädchen sehr ausgefallene Namen, aber das ist auch das einzige, was sie verbindet.
Die temperamentvolle Pum ist jedenfalls extrem wütend als ihre Eltern Tom und Sofie mit ihr sprechen. Yannick, eher zurückhaltend und schüchtern, will gar nicht über den Tausch, nicht mal mit ihren Freundinnen, sprechen.
Pum kennt nur noch ein Thema und nervt ihre beste Freundin Amy. Sie will ihren Frust an der schuldigen Person unbedingt auslassen. Sie schreibt Yannick und trifft sich mit ihr. Beide Mädchen sind sich auf den ersten Blick nicht unbedingt sympathisch, aber sie finden heraus, welche Krankenschwester schuld an ihrer derzeitigen Situation hat.
Pum ist als Einzelkind in einer Amsterdamer Musikerfamilie großgeworden, allerdings hat sie kaum musikalisches Talent. Yannick hat drei große Brüder und wohnt gutbetucht, der Vater ist Richter, die ungarische Mutter Hausfrau, in einem schönen Viertel in Den Haag. Als die beiden Mädchen dann die bewusste Krankenschwester aufsuchen, wird ihnen schnell klar, dass auch sie mit Kündigung und Arbeitslosigkeit nach der Aufdeckung ihres Fehlers zu kämpfen hatte. Yannick verzeiht ihr sofort, aber Pum rennt tränenüberströmt aus der Wohnung. Sie wird ihre Aggressionen einfach nicht los und kann dieser Frau auch nicht böse sein. Als sie dann noch ihre Brüder bei einer Party in Yannicks Villa kennenlernt, ist sie völlig durch den Wind. Sie ähnelt im Aussehen und im Charakter ihrem jüngsten Bruder Kay. Beide Mädchen sind völlig durcheinander, denn Yannick denkt nun, Pum will sich in ihr Leben hineindrängen. Sie kennt weder ihre leiblichen Eltern, noch Pums Lebensumstände. Offensichtlich ist nur, dass Yannick ihrer leiblichen Mutter sehr ähnlich sieht.
Yannick, die wunderbar zeichnen kann, geht immer mehr aus sich heraus und fühlt sich Pum, die es so vermisst ein Talent zu besitzen, gegenüber nicht mehr so schüchtern und „etepetete“.
Nach und nach beruhigt sich Pum und geht auch wieder auf ihre Eltern zu, die genauso wie sie, mit der Situation umgehen müssen. Um eine Entscheidung zu treffen, beschließen die Mädchen, dass sie die Sommerurlaube mit ihrer „richtigen“ Familie verbringen. So fliegt Yannick mit Tom, Sofie und Pums Freundin Amy nach Thailand und Pum reist mit den van Lunterens nach Ungarn ins Sommerhaus.
Der enge Kontakt mit den wahren Familienmitgliedern führt zu sehr unterschiedlichen Gefühlen bei den Mädchen und beinahe auch zu einem ernsten Konflikt.
Fiona Rempt findet für beide Protagonistinnen einen ganz eigenen Ton, denn beide Mädchen kommen zwar nicht aus sozial unterschiedlichen Milieus, sind aber charakterlich sehr verschieden. Plötzlich werfen die Teenager einen kritischen Blick auf ihre eigenen Familien und erkennen, dass alles was heute normal war, im nächsten Moment in Frage gestellt werden könnte. Pum verliebt sich in ihre Großfamilie und Yannick glaubt, dass sie mit Tom und Sofie als Eltern viel selbstbewusster geworden wäre. Wie unterschiedlich alle Beteiligten auf diese doch sehr einmalige Lebenssituation reagieren, wird durch den Blickwinkel der Mädchen unterhaltsam und doch sehr subjektiv erzählt.
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