Sam Wasson: Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf, Audrey Hepburn und „Frühstück bei Tiffany“, Leineneinband, L.S.D., Lagerfeld, Steidl Verlag, Göttingen 2011, Seiten, 251 Seiten, €16,00, 978-3-86930-239-3

„Ihre Besetzung durfte weder den Sexappeal einer Marilyn haben, noch jung und unschuldig wie eine Lolita sein. Ferner durfte sie als „gutes“ Callgirl nicht zu lasziv wirken, also nicht wie Elizabeth Taylor, die am Ende von „Telefon Butterfield 8“ getötet wird. … Es blieb nur der goldene Mittelweg.“

Der Filmhistoriker Sam Wasson verfolgt unterhaltsam den steinigen Weg hin zur Verfilmung von Truman Capotes wohl bekanntestem Buch „Frühstück bei Tiffany“. Er lotet gut zehn Jahre vor Drehbeginn die Entstehungsgeschichte des Prosastücks, das 1958 veröffentlicht werden sollte, aus. Doch die Zeitschrift „Harper’s Bazaar“ lehnte ab, zu freizügig, zu anzüglich nach ihrem Geschmack.
Doch welche Frauenfiguren, neben Capotes flatterhaften Mutter, waren die Vorbilder für die letztendliche Kunstfigur Holly Golightly? Sam Wasson umkreist die soziale und zeitgeschichtliche Stellung der amerikanischen Frau und zeigt, wie Buch und Film revolutionierend neu einen jungen Frautyp kreieren. Holly lebt allein, ist auf keinen Mann oder gar eine Heirat erpicht und zieht sich chic und unkonventionell, dabei fast klassisch an. Dass Holly ein Callgirl ist, wird jedoch George Axelrod, den Drehbuchschreiber, in Hollywood allerlei Schwierigkeiten bereiten.

Allerdings verdrängt das Fernsehen langsam das Kinogeschäft und auch hier müssen die Zensoren umdenken. Die mädchenhafte Schauspielerin Audrey Hepburn ist nicht Capotes erste Wahl. Er wünscht sich Marilyn Monroe in der Hauptrolle. Hier kollidieren die Meinungen. Hepburn jedoch hat Angst, dass die Rolle ihrem Image schaden könnte und sie hat Angst vor der Kamera, wenn es ums wirkliche Schauspielern geht.
Sie schafft es jedoch, bei allen Zweifeln, viel eher als eine Marilyn Monroe, Doris Day oder Debbie Reynolds eine junge Frau zu verkörpern, die auf der Suche nach einem einzigartigen und individuellen Stil ist. Mit Audrey Hepburn wird es nicht schwer sein, von Sex zu reden ohne ihn zu zeigen. Ihr nimmt man ab, dass sie sich gut kleiden kann und trotzdem nicht reich ist.
Ein Kapitel umfasst die harte, wie diplomatische Arbeit des Regisseurs Blake Edwards, der eher die zweite Wahl in den Augen der Studiobosse ist. Er musste sich gegen den eifersüchtigen, wie unsensiblen Ehemann von Audrey Hepburn und Schauspieler Mel Ferrer durchsetzen, der offensichtlich großen Einfluss auf das Spiel seiner Frau nehmen wollte, aber auch gegen die Starallüren des männlichen Gegenparts von Holly Golightly, George Peppard. Irgendjemand hatte ihm eingeredet, er sei der Star des Films. Aus heutiger Sicht ist er die schwächste Figur im Spiel.

Spannend wie ein Krimi liest sich dieses Sachbuch. Wie war es bei Tiffany zu drehen und wie musste der Komponist Henri Mancini, er hat einen Oskar erhalten und auch ihn wollte man nicht, um seine Musikkompositionen kämpfen? Wie reagierten die Studiobosse und wie war es, diesen Film zu produzieren?

Hinter allem, was so leicht auf der Filmleinwand aussieht, wie Audrey Hepburns Spiel, die Party in Hollys Wohnung oder die wirklich komische Rolle des japanischen Hausbewohners, verbergen sich zahlreiche Konflikte und heftige Auseinandersetzungen.

Wer ans Set von „Frühstück bei Tiffany“ zurückkehren will und sich für die Hintergrundgeschichte von Roman und Film interessiert, der exzentrische Truman Capote konnte weder Drehbuch noch Film ausstehen, der sollte sich dieses Sachbuch nicht entgehen lassen. Und danach sofort den einmaligenm amerikanischen Film „Frühstück bei Tiffany“ im Original auf DVD anschauen.