Marie-Aude Murail: Tristan gründet eine Bande, Aus dem Französischen von Tobias Scheffel, KJB, S. Fischer Verlag, 93 Seiten, €10,99, 978-3-596-85487-5
„Wir haben uns Dienstgrade gegeben. Ich bin der Kommandeur, André ist General und Carina ist Oberst. Wir haben auch beschlossen, dass wir ein Geheimnis verteidigen, wir wissen nur noch nicht, welches.“
An Tristans Schule gibt es drei Banden und in keiner dieser Banden ist er, Tristan, der Erzähler dieser turbulenten Geschichte, Mitglied. Dabei bräuchten Tristan, seine kleine Schwester Carina und ihr Freund André Schutz vor Olivier. Angeblich steht Tristan auf seiner Feindesliste im roten Heft. Aber der gemeine und ziemlich leistungsschwache Olivier hat seine eigene Bande, in der sogar die Großen aus den fünften Klassen mitmachen und dann gibt es noch die Patrick-Bande und die Jupp-jupp-Bande.
Tristan beschließt als Olivier wiedermal fies zu ihm ist, er hat ihm die schönste Briefmarke aus China geklaut, die schweren Mutproben der Jupp-jupp-Bande mit Hilfe seiner Schwester Carina auf sich zu nehmen. Gar nicht so einfach, wenn man dem strengen Lehrer einen Hundehaufen aus Plastik auf den Stuhl legen muss, dann noch 50 Kronkorken sammeln und eine Bank überfallen soll. Klar, die Jupp-jupp-Bande will jeden abschrecken und somit ist Tristans Plan gescheitert. Okay, dann gründet Tristan eben eine eigene Bande. Allerdings sind die meisten Mitglieder viel jünger als er und ein paar Mädchen sind auch dabei. Egal, auf jeden Fall tragen alle Dienstgrade und es gibt einen so geheimen Geheimplan, dass niemand weiß, welches Geheimnis überhaupt gehütet wird. Aber Labyrinth des Todes klingt schon mal ganz gut und Spaß hat die Tristan-Bande auf jeden Fall.
So erzählt Tristan unbeschwert von seinem Alltag und seinen Erlebnissen in der dritten Klasse. Er berichtet, dass sein Vater wirklich schlecht erklären kann und seine Mutter immer ausflippt, wenn die Kinder mit Waffen spielen. Aber sie lieben es, wenn sie ihre Lieblingsserie „Die Unbestechlichen“ nachspielen können. Und dann eines Tages sehen sie ihn, diesen phänomenalen Spielzeug-Revolver mit Schalldämpfer im Schaufenster eines Ladens. Weihnachten steht vor der Tür und Tristan wünscht sich diese Waffe. Als die Kinder ihre Weihnachtseindrücke aufschreiben sollen, verfasst Tristan ein wunderbares Gedicht. Olivier fällt nur ein, dass Weihnachten für ihn nichts bedeutet. Das lässt den feinfühligen jungen Erzähler nachdenklich werden und schon hat die Bande ihr Geheimnis. Sie sammeln und wollen Olivier, obwohl er ein unsympathischer und gemeiner Zeitgenosse ist, diesen tollen Revolver schenken.
Marie-Aude Murail fängt in ihrer mit Leichtigkeit geschriebenen Geschichte den Alltag der Kinder mit trockenem Humor ein. Mal läuft alles prima und dann ist wieder alles so schrecklich, dass man glatt verzweifeln könnte. Und trotzdem, es ist die Zeit, in der für Mädchen wie Jungen alles ganz wichtig sein kann und im nächsten Moment ist es vergessen und etwas anderes Neues ist von Bedeutung. Die Kinder denken sich in den Schulpausen Spiele aus und müssen sich auch mit den Störenfrieden auseinandersetzen. Aber nie geht ein Erwachsener dazwischen, regeln müssen sie die Dinge schon unter sich. Da gibt es Erik, ein Kind, das von jedem elektronischen Spielzeug das neueste Modell besitzt und nicht weiß, womit es zuerst spielen soll, Tristan, Carina und André, die fantasievoll und kreativ auch ohne Technik miteinander spielen können und Olivier, der zwar eine Bande hinter sich hat, aber irgendwie doch einsam ist.
Eine wundervolle, realistische Alltagsgeschichte voller Entdeckungen – das Leben pur!
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