Thorsten Schleif: Richter jagen besser, Heyne Verlag, München 2023, 288 Seiten, €12,00, 978-3-453-42747-1
„In der nächsten halben Stunde würde sie versuchen, das Gespräch auf Ercan Ayaz zu lenken. Sie wartete nur auf ein passendes Stichwort des Richters. Wie ein erfahrener Jäger pirschte sie sich langsam an die Beute heran. Ein kleines schlechtes Gewissen hatte die Journalistin schon, denn Siggi Buckmann gefiel ihr. Nicht nur optisch, sie mochte seine offene Art, immer das zu sagen, was er dachte.“
Verhandelt Thorsten Schleif in seinem ersten Krimi „Richter morden besser“ einen Mord in mittelbarer Täterschaft, so begibt er sich im neuen Band in andere Gefilde. Wie ein roter Faden jedoch zieht sich der Fall Ercan Ayaz, der seinen Tod wirklich dem Richter zu verdanken hat, durch die Handlung, ohne je wirklich Thema zu sein.
Die Journalistin Robin Bukowsky besorgt sich durch gute Kontakte ein sogenanntes Praktikum bei Richter Buckmann, um ihm auf den Zahn zu fühlen, da sie eine Story wittert. Allerdings geschieht ein dubioser Autounfall, dessen Opfer ihr Kollege Karsten Riemer ist. Er hatte zu einem aktuellen Immobilienbetrug recherchiert und sicherheitshalber Robin einen Stick überlassen. Die Lesenden wissen, dass die Russenmafia den Journalisten aus dem Weg räumen wollte. Diese hatte auch mit Hilfe von Jeremias Laak, dem skrupellosen wie feigen Sohn des Ministerpräsidenten, und einem korrupten Gutachter den Betrug eingefädelt, bei dem viele Beteiligte eine Menge Geld verloren haben. Als dann Jochen Mershofen, einst ein Mentor von Buckmann, nun im Ruhestand und passionierter Jäger, Selbstmord begeht, ahnt der Richter, dass auch Mershofen investiert hatte.
Nach und nach geschehen eigenartige Selbstmorde, die praktischerweise alle aus der Welt schaffen, die an dem Immobiliendeal beteiligt sind und vor Gericht aussagen könnten.
Robin gerät in den Focus der Mafia, da sie den Stick besitzt, auf dem ein Foto vom Sohn des Ministerpräsidenten gemeinsam mit den Drahtziehern des Immobiliengeschäfts ist.
Buckmann versucht, gemeinsam mit Robin die Täterschaft des blasierten Ministerpräsidentensohnes aufzudecken. Wie sehr beide an Grenzen stoßen, wenn die Machthabenden an keiner Aufklärung interessiert sind, zeigt dieser Krimi.
Um seinen Sohn zu schützen, setzt der Ministerpräsident alle Hebel in Bewegung. Er manipuliert alle seine Parteifreunde, die in bestimmten Posten sitzen, u.a. den Justizminister, der offensichtlich kaum Rückgrat hat. Er verhindert durch einen Verwandten eine Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und er versucht sogar, eine Staatsanwältin zu beeinflussen, die zum Glück ahnt, was hinter der Charmeoffensive steckt. Natürlich hatte der Vater den Sohn sofort darüber informiert, dass eine Hausdurchsuchung stattfinden könnte und ihn aufgefordert alles belastende Material zu beseitigen.
Leider bedient Thorsten Schleif viele Klischees in diesem zweiten Fall. Wie immer steckt die brutale, nicht greifbare Russenmafia hinter illegalen Geldgeschäften und erschwindelt sich durch Kontakte in höchste Positionen, auch wenn es nur ein alkoholbabhängiger Politikersohn ist, Einfluss. Taffe Journalistinnen decken natürlich freiberuflich miese Machenschaften auf und gleichzeitig sind sie so attraktiv, dass der zwanzig Jahre ältere Richter Buckmann gleich eine Affäre beginnt.
Das einzig witzige ist, wie Buckmann mit seinem Kater Grisu ein imaginäres Gespräch führt und Buckmann nie gut beim Gedankenaustausch wegkommt.
Der zweite Teil über Richter Buckmann reicht leider nicht an den ersten ziemlich genialen Plot heran. Schade.