Christiane Dieckerhoff: Spreewaldgrab, Ullstein Verlag, Berlin 2016, 345 Seiten, €9,99, 978-3-548-28760-7
„Schon erstaunlich, was man im Spreewald unter sauberer Arbeit verstand: Die Täterin hatte die Nerven verloren und Selbstmord begangen, und eine Frau war immer noch verschwunden.“
Die Ermittlerin Klaudia Wagner verlässt den Ruhrpott, um in Brandenburg, im Spreewald, ihre Arbeit aufzunehmen. Nicht freiwillig geht die Anfang Vierzigjährige ans andere Ende der Republik. Ihr Chef und langjähriger Lebensgefährte Arno – der Klassiker – hat sich eine bedeutend jüngere Frau gesucht und diese ist natürlich auch gleich schwanger. Klaudia und Arno wollten auch Kinder, aber immer kam etwas dazwischen, eine große Reise, das neue Auto. Und dann wurde die Angst vor den Veränderungen beruflich und privat immer größer.
Nun sitzt Klaudia im Spreewald und muss sich mit sturen, wie konfliktscheuen Vorgesetzten auseinandersetzen, sie arbeitet mit Thang, einem Halbvietnamesen zusammen und wohnt auch noch bei ihrem Kollegen Uwe in der Einliegerwohnung.
Ständig steht die pubertierende Annalena vor der Tür und will sich bei Klaudia als neutraler Person über ihre Mutter Silke und den Schmerz der Welt ausheulen.
Bei Uwe und seiner Frau Silke hängt auch gerade der Haussegen schief. Tochter Annalena übt den Aufstand und auch Uwe ist nicht glücklich, dass Silke trotz Absprachen ein drittes Kind erwartet.
Kaum ist Klaudia im Land der vielen Fließe, geschieht ein erster Mord. Das Opfer ist ein erschossener Unternehmer. Als Klaudia seine Frau befragt, trügt ihr Instinkt sie auf keinen Fall. Unter der Botoxfassade versteckt sich eine Trinkerin. Klaudia hat einen Blick dafür, denn ihre eigene Mutter hat sich mehr für den zu beschaffenden Alkohol interessiert als für ihr Kind.
Nach und nach lernt der Leser Christiane Dieckerhoffs Protagonistin kennen, die ziemlich kompromisslos und vor allem hartnäckig ihrer Arbeit nachgeht.
Allerdings lässt sie sich auch verunsichern, denn jeden Morgen findet sie eine Rose, die ein Unbekannter an ihr Auto geklemmt hat. Und ebenfalls ein Polizist aus dem Revier nervt Klaudia mit seinen ständigen Fotos, die er von ihr macht. Joe, auch ein Kollege, lädt Klaudia nach einem langen Dienst über Pfingsten zum Essen ein. Endlich ein Lichtblick oder doch nur Probleme? Auch Thang scheint so einiges zu verbergen, ständig ruft seine Frau an und er verliert nicht ein Wort über sie. Auf Klaudias Initiative hin wird im Umfeld der gefundenen Leiche der Boden untersucht und nicht zu fassen, einen neues Mordopfer wird gefunden, allerdings liegt ihr Tod bereits 20 Jahre zurück. Parallel zu Klaudias Geschichte entwickelt sich eine andere, eine Frau wird irgendwo gefangen gehalten und fantasiert. Und dann sucht die Polizei auch noch die Freundin des Unternehmers, die angeblich nach London reisen wollte.
Klaudia gerät in einen Strudel von Missverständnissen oder sehr offensichtlichem Mobbing. Bilder von ihr und Uwe tauchen auf, die beide als Liebespaar outen. Dabei hatte Uwe Klaudia nur gestützt als sie ziemlich betrunken war, nachdem sie von der Freundin ihres Ex-Mannes eine SMS erhalten hatte.
Wie ein Magnet zieht die Ermittlerin die Konflikte an und sie wird mit enormer Kraft und persönlichem körperlichen wie seelischen Einsatz alle lösen.
Spannend liest sich dieser Krimi vor der Kulisse des malerischen wie auch geheimnisvollen Spreewaldes mit seinen Sagen, Geheimnissen und Menschen.
Die Ermittlerin Klaudia ist eine interessante, ambivalente Figur, die fluchen kann, nachdenklich wirkt und sehr wirklichkeitsnah handelt. Ein Plus – bei aller Tragik der Geschichte.
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