Brian Moore: Schwarzrock, Aus dem Englischen von Otto Bayer, Diogenes Verlag, Zürich 2020, 286 Seiten, €24,00, 978-3-257-017145-0
„ War es denn so ein Wunder, dass die Wilden ihr höchstes Glück im Essen sahen, sie, die fern von Gottes Angesicht in diesem rauen, unbarmherzigen Land leben mussten und wie die wilden Tiere darauf angewiesen waren, Beute zu fangen? Würde es je möglich sein, diese Menschen zu bekehren?“
Ins sogenannten Neufrankreich reist der neunzehnjährige, französische Priester Père Laforgue nachdem er die Sprache der „Wilden“ gelernt hat und sich über ihre Lebensformen in den Büchern zweier Pater belesen hat. Allerdings wird vor Ort klar, dass das Verständnis der sogenannten „Schwarzröcke“ für die „Wilden“ von beiden Seiten absolut nicht gegeben ist.
In der Mission Québec sind der Anblick und die Verhaltensweisen der Wilden, ihre Distanzlosigkeit, ihre Ausdünstungen, ihre sexuelle Zügellosigkeit, ihre gierige Art und Weise alles Fleisch halbroh mit Haaren zu verschlingen und vieles mehr, für ihn unerträglich. Die Kinder der Wilden werden nicht erzogen, sie bekommen zwar ab einem bestimmten Alter Aufgaben zugeteilt, handeln aber auch gegenüber dem Pater respektlos und egoistisch. Sie reißen sich die Haare aus und verachten die behaarten Menschen in ihrer Umgebung. Schnell vergisst der Mann Gottes, dass es ein Tabu ist, einen Wilden nach seinem Namen zu fragen. Man wird ihn verhöhnen und verlachen. Betrachtet der junge Jesuitenpater, die Wilden, ob Huronen, Irokesen oder Algonkin, mit Mitleid, so bezeichnen die Wilden ihn als Ungeheuer oder Schwarzrock. In ihrer für den Leser vulgären Sprache verachten sie die Kolonisten, die den Pelzhandel betreiben, aber auch die Missionare, die für sie seltsame Rituale ausüben und deren Wahrheit der Lehren sie nicht im geringsten interessieren.
Die Wilden glauben an die Beseeltheit der Natur und ein Leben nach dem Tod, aber darüber sprechen sie nicht mit den Priestern. Von ihnen erwarten sie Geschenke, Waffen vor allem und Tabak.
Laforgue wird mit Daniel, einem ebenfalls jungen Mann und mit 26 Ureinwohnern in ein unbekanntes Gebiet in den Norden reisen. Die beiden Pater dort sind in Schwierigkeiten und der junge Laforgue soll die Stelle eines Missionars einnehmen.
Jeweils aus der Sicht des Jesuitenpaters Laforgue und dem der Anführer der Algonkin erzählt Brian Moore von einer abenteuerlichen Reise, bei der Menschen gefoltert und auf grausige Weise umkommen werden. Die Neue Welt ist für „Normannenköttel“, wie die Wilden die Menschen aus der Alten Welt nennen, zum Teil unbegreiflich. Die Wilden lassen sich von ihren Träumen leiten, glauben an Zauberer und Dämonen und handeln nicht so, wie die Weißen es erwarten. Als Laforgue krank wird, ist klar, dass ihm niemand helfen wird. Die Wilden belasten sich nicht mit Kranken. Auch wenn die Anführer der Algonkin versprochen haben, den Pater und Daniel über die großen Schnellen ins Land der Huronen zu bringen, lassen sie den Pater am Winterbeginn einfach allein. Sein Gott wird ihm schon helfen. Auch Daniel lässt Laforgue im Stich und folgt seiner Liebe, der Tochter des Jagdhäuptlings Chomina. Er würde seine Tochter ihm nie geben, aber Daniel ist total verliebt. Chomina, seine Familie und Daniel kehren zum Pater zurück, um ihm in der Fremde doch beizustehen. Zu sehr fürchten die Wilden den Zorn des Gründers der französischen Kolonie, Champlains.
Zu diesem Zeitpunkt haben bereits die Irokesen das Kanu und die wertvollen Sachen des Priesters entdeckt. Sie nehmen nun alle gefangen und eine Tortur der Gewalt beginnt.
Die moralisch überlegenen Priester ahnen vielleicht, was die Ureinwohner über sie denken, und glauben doch diese Menschen durch die Taufe, den „Wasserzauber“ zu bekehren.
Brian Moores Sprache ist fantastisch, denn sie zieht den Leser mitten hinein in eine Zeit, in der die Natur noch intakt ist und der Mensch diese achtet und nicht beschädigen will. Laforgues Erfahrungen mit den Ureinwohnern führt zu einem Umdenken, dass er nie für möglich gehalten hätte.
Nach der Romanvorlage, Brian Moore verfasste auch das Drehbuch, wurde 1991 unter der Regie von Bruce Beresford mit großem Aufwand der Film „Blake Rob“ gedreht.