Bodil Bredsdorff: Schlagschatten, Aus dem Dänischen von Patrick Zöller, Verlag Urachhaus Stuttgart 2013, 111 Seiten, €12,90, 978-3-8251-7835-2

„Wir waren ein schöner Anblick an diesem Nachmittag. HP und ich. Er mit seinem frischen blauen Auge, dessen Anschaffung ihn von der Schule fern- und zu Hause gehalten hatte, und ich mit einer geschwollenen Nase.“

Bereits vor vier Jahren erschien Bodil Bredsdorffs Geschichte über HP und Martin, der auch der Ich-Erzähler ist, unter dem Titel „Unter Brüdern“. Nie sollte man ein Buch von der dänischen Autorin, die so feinfühlig, ohne sentimental zu werden über Beziehungen zwischen Kindern an der Schwelle zum Erwachsenwerden schreiben kann, verpassen. Und so lohnt es sich, auch wenn man „Unter Brüdern“ bereits gelesen hat, noch einmal dieses schmale Buch zur Hand zu nehmen.

Martin zieht mit seiner Familie von Kopenhagen aus in ein Fischerdorf. Seine Eltern, der Vater ist Kunstmaler, die Mutter hat das Malen aufgegeben, können ein altes, sanitär schlecht ausgestattetes Haus günstig am Fjord mieten. Der Junge trauert seinen Freunden und der gewohnten Umgebung hinterher, zumal die Nachbarn, Familie Jensen, am neuen Ort auf Martin zu Beginn seltsam wirken. Klar ist, dass HP, der Nachbarsjunge, von seinem alkoholisierten Vater regelmäßig verprügelt wird und voller Aggressionen Möwen und andere Vögel mit Steinen bewirft. Martin hat in der Schule als Neuer nicht viel zu lachen. Auch hier schlägt ihm Gewalt von den Fischerjungen entgegen. Sie müssen ihren Vätern früh helfen und schlafen in der Schule. Wenn HP mal zur Schule geht, hat Martin einen Freund an seiner Seite, an den sich Skipper und seine Kumpane nicht herantrauen. Ganz langsam entwickelt sich diese enge Beziehung zwischen den Jungen Martin und HP, die sich gegenseitig stärken.

Martins Vater richtet sich das Waschhaus als Atelier ein und malt seine Möwen- und Landschaftsbilder. Der alte Jensen ist im nüchternen Zustand eigentlich ein ganz netter Kerl, er hilft Martins Vater und flickt sogar die kaputten Reifen von Martins Fahrrad.

Als Martins Mutter plötzlich ihre Begeisterung für die Feder- und Farbgestaltung der Eiderenten entdeckt, beginnt für sie ein künstlerischer Anfang, von dessen Erfolg sie mehr als überrascht wird. Martins Vater verkraftet den auch finanziellen Segen der Bilder nicht, er lässt seinen Missmut an Martin aus und geht fort.

Auch in der Familie Jensen verändert sich so einiges. HP kann die Schläge des Vaters nicht mehr hinnehmen. Gemeinsam mit seinem Freund Martin gewinnt HP über seinen Vater die Oberhand und zwingt ihn dazu, endlich mit der Prügelei aufzuhören. Jetzt jedoch vergreift sich der Vater an der Mutter, aber dafür, so scheint es, wird er vom Schicksal hart bestraft.

Bodil Bredsdorff erzählt sensibel vom Aufbruch zweier Jungen in ein neues Lebensstadium, es geht ums Erwachsenwerden und um diese sagenhafte brüderliche Verbindung zwischen Martin und HP. Beide benötigen nicht viele Worte, um sich zu finden und zu vertrauen. Als HP vor den Fäusten seines Vaters fliehen muss, geht er zu Martin, den er noch kaum kennt.

„Leihst du mir dein Fußende?“, flüsterte er. „Ja, natürlich.“ Er zog die Socken aus und kroch ins Bett.

So einfach kann Freundschaft sein.