C.J. Skuse: Rockoholic, Aus dem Englischen von Michaela Kolodziejcok, Chicken House, Hamburg 2013, 439 Seiten, €16,95, 978-3-551-52040-1

„ ,Man sollte niemals seine Helden kennenlernen, Jody. Das gibt immer eine Riesenenttäuschung.‘ Er schaut hoch zu den Monden und Sternen an der Decke. ‚Sie entpuppen sich als komplette Monster oder komplette Langweiler.“

Jody Flook ist völlig vernarrt in ihn, den Leadsänger, Jackson Gatlin, der amerikanischen Band „The Regulators“. Nur weil er Vegetarier ist, ist sie es auch, denn sie hat alles über ihn gelesen. Und nun endlich ist die Band in England, in Cardiff. Nach einem Riesenkrach mit Jodys Mutter, sie hat die heiß erkämpfte Eintrittskarte zum Konzert einfach mal zerrissen, schenkt Jodys bester Freunde, Mac, ihr seine Karte. Er begleitet die 16-Jährige, die sich natürlich viel zu dick findet, sogar früh zur Konzerthalle und hilft ihr, die mehr als 10 Stunden in der Schlange zu überbrücken und holt sie wieder ab.

Und dann, Jody kann es nicht fassen, landet sie, das Konzert ist noch nicht zu Ende, in der Notaufnahme. Plötzlich steht Jackson, ihr Idol, neben ihr, sie kann ihr Glück nicht fassen und greift sich einfach ihren „fleischgewordenen Mädchentraum“. Er denkt, sie bedroht ihn mit einem Messer und folgt ihr ohne Widerstand nach einem stressigen Streit mit seinem Manager.
„Ich neige zu hirnverbrannten Aktionen, wenn ich mir selbst überlassen bin.“ gibt Jody zu. Der verliebte Teenager quartiert Jackson in der verlassenen Garage ein und lernt ihren Rockstar nun so richtig kennen. Er ist ein arrogantes Arschloch, ein verwöhnter Idiot und dazu noch drogenabhängig und auf Entzug.

Mac kann nicht fassen, was Jody wieder veranstaltet. Es ist, bei aller Überforderung auch noch ein Balanceakt, den Mann vor allen geheim zu halten. Er ist nicht Herr seiner Sinne und beschimpft Jody in unflätigster Weise. Jody ist klar, sie kennt ihren Traummann überhaupt nicht.

Auch Mac, der sich ständig um seine kleine Schwester kümmern muss, kann es nicht fassen. Die einen nehmen ein T-Shirt vom Konzert mit, Jody greift sich gleich den ganzen Leadsänger.

Aber Jackson hat jeden Respekt vor Menschen verloren, er lästert über seine Fans, benimmt sich wie die Drama-Queen und spuckt auf alles, sogar auf Jody, die er als einen „Haufen Hundescheiße“ bezeichnet.

Jody, die nicht nur eine unbelehrbare Idealistin, sondern von Beruf Kinderpflegerin ist, sieht nun ihr neues Projekt: Sie will Jackson wieder zu seinem ursprünglichen Selbst verhelfen.

Aber „seine Lordschaft“ ist wirklich am Ende. Er will gar nicht aus seiner Gefangenschaft in Jodys Garage fliehen, er will sich vor der Welt in Nuffing verstecken. Ein fingierter Artikel und Fotos sollen den Eindruck entstehen lassen, dass Jackson in Italien abgetaucht ist. Aber eine sensationssüchtige, noch sehr junge Journalistin hat erkannt, das das Foto ein Fake ist.

Langsam setzt bei Jody die Ernüchterung über ihren Helden ein. Der vorgetäuschte Selbstmord, Fans haben seine Klamotten gefunden, könnte ein Tor in die Freiheit sein. Nur auf wessen Kosten? Jody und Mac sind längst zerstritten, dabei erkennt Jody recht spät, wer eigentlich für sie wichtig ist.
Unterhaltsam und vor allem ziemlich witzig holt die englische Autorin das Idol von Judy von seinem Thron. Auch Rockstars sind nur Menschen und im wahren Leben von Fans, haben diese eigentlich nichts zu suchen.
Dabei betrachtet C.J. Skuse beide Seiten der Medaille. Sie zeigt in Judy den völlig kritiklosen, süchtigen Fan und sie gibt einen Einblick in das reale Dasein eines Rockstars, der nicht mehr Herr seiner eigenen Entscheidungen ist.

Bei aller Tragik, wie Komik hätten der Handlung ein paar Streichungen gutgetan, denn zu lang drehen sich einige ausgereizte Szenen um sich selbst.

Trotzdem, heilsame Lektüre für fanatisch verblendete Fans!