Dorthe Nors: Rechts blinken, links abbiegen, Aus dem Dänischen von Frank Zuber, Verlag Kein & Aber, Zürich 2016, 192 Seiten, €20,00, 978-3-0369-5747-0

„Sie steht mitten im Leben, Sonja, eine erwachsene Frau, aber sie traut sich nicht, zu Jytte zu gehen. Irgendetwas verschließt sich so fest, dass sie glaubt, sie werde gespalten. Sie weiß, dass sie sich reif und erwachsen benehmen sollte, aber sie will um alles in der Welt nicht mit ihrem Verrat konfrontiert werden.“

Sonja Hansen ist aus ihrem Kindheitsort Jütland nach Kopenhagen gezogen und arbeitet hier freiberuflich als Übersetzerin. Sie steht in der Mitte ihres Lebens, ist 42 Jahre alt und lebt allein. Immerhin übersetzt sie die Krimis des ziemlich bekannten Autors Gösta Svensson und doch ist Sonjas Leben irgendwie aus der Spur geraten. Um endlich andere Wege einzuschlagen, nimmt Sonja Fahrstunden, aber diese dauern nun bereits ziemlich lang. Sonja ist einfach nicht in der Lage, die Gangschaltung zu betätigen. Ihre allzu beherzte Fahrlehrerin, Jytte, erzählt während der ziemlich teuren Fahrstunden von ihren privaten Problemen, legt für Sonja die Gänge ein und herrscht sie an, wenn sie einen Fehler macht. Hilflos wie ein Kind fühlt sich Sonja dieser Frau ausgeliefert. Sie findet auch keine Worte, um ihre Rechte als Fahrschülerin einzufordern. Alles geht in die falsche Richtung und darauf weist auch der Titel des Buches „Rechts blinken, links abbiegen“ hin. Um ihre Verspannungen endlich loszuwerden und ihren Frust auf Jytte, geht sie zu Ellen und lässt sich massieren. Immer wieder ruft Sonja ihre Schwester Kate an, die mit Mann und ihren zwei Söhnen ein intaktes Familienleben führt. Aber jedes Mal, wenn Sonja anruft, scheint Kate an einer imaginären Supermarktkasse zu stehen. Scheinbar haben sich beide Schwestern wenig zu sagen.

Dorthe Nors erzählt von einer durchaus sympathischen Figur, die ständig um sich selbst kreist und irgendwie neben dem beruflichen kein richtiges Leben zu führen scheint. Mittlerweile kann Sonja auch nicht mehr die brutalen Exzesse ihres Krimiautors ertragen, die sie in Worte fassen muss. Worte gehen Sonja verloren, wenn sie mit anderen Menschen zu tun hat. Sie drückt sich immer mehr vor neuen Begegnungen und scheint einfach nicht die richtige Schaltung für ihr Leben zu finden.

Stellenweise liest sich der Roman tragikomisch, stellenweise spürt man aber auch die Einsamkeit, innere Leere und Hilflosigkeit der Hauptfigur in einer pulsierenden europäischen Stadt. Sprachlich zieht die dänische Autorin den Leser schnell in Sonjas Geschichte hinein und fesselt ihn, wenn er sich auf diese Frau und ihr Großstadtleben einlassen möchte.