Sylvia Heinlein: Mission Unterhose, Tulipan Verlag, Berlin 2013, 137 Seiten, €12,95, 978-3-86429-113-5
„Mission Unterhose musste verfeinert werden, so viel war Hannes und Kalli klar geworden. Von nun an nahmen sie einen Regenschirm mit, wenn sie abends durch die Siedlung schlichen.“
Hannes liebt Agententhriller, besonders die Benny-Hotton-Hefte. Schund, einfach keine gute Literatur, meinen Hannes Eltern, wenn sie ihren Sohn mit den verhassten Heftchen und ungesunden Erdnusskeksen vom Nachbarn, Herrn Moll, entdecken. Beide Eltern von Hannes arbeiten als Psychologen und diskutieren alles mit ihrem Kind in einem ruhigen, sanften Ton aus. Am Ende gibt Hannes einfach immer nach, weil er einfach keine Lust mehr zum Reden hat. Natürlich gibt es in Hannes Haus auch keinen Fernseher oder gar Computer, alles schädlich. Es werden auch keine Kekse gekauft, ab und zu offeriert die gesundheitsbewusste Mutter staubtrockene Haferflockenkekse.
Als sich Hannes in den Sommerferien gemütlich und zum Glück von den Eltern unbeobachtet, Herr Moll schaut ab und zu mal rein, mit seinen Agentenabenteuer-Heften in den Garten setzt, alle Freunde sind verreist, stört ihn nur ein Kind – Kalli.
Kalli ist eine absolute Nervensäge, laut, stressig und völlig überdreht.
„,Hey, ich hab ’nen Flummi verschluckt!‘, schreit Kalli über den Gartenzaun. Hannes stellt sich taub,..“
Kalli erzählt einen drögen Witz nach dem anderen, Hannes kann kaum lachen. Als Hannes Kallis Zimmer sieht, ist er völlig geschockt. Sein Zimmer ist aufgeräumt, alles ist genau sortiert und übersichtlich angeordnet, bei Kalli scheint eine Bombe eingeschlagen zu haben.
In Kallis Familie darf jeder nach seiner Facon glücklich werden. Die Jungen schauen DVDs von Kallis Comedy-Star BIG, futtern dabei Pizza und Chips und trinken sogar Cola. Hannes fühlt sich wie im Paradies, auch wenn er etwas Magendrücken verspürt, denn würden seine Eltern ihn hier sehen, wären sie entsetzt und ein stundenlanges Debattieren wäre die Strafe. Kallis Eltern stört es nicht, wenn Hannes Krimis und Actionfilme bei ihnen sieht, sie machen auch noch Popcorn.
Als Hannes Eltern Kalli kennenlernen wollen, ahnt der Junge, das das sicher schief laufen wird. Kalli jedenfalls überrennt Hannes mit seinem Enthusiasmus für Witze und Comedy-Shows. Nur Hannes behält einen kühlen Kopf und sortiert Kallis chaotische Textaneinanderreihungen und gibt hilfreiche Regieanweisungen für die geplante Show. Nach und nach wird Hannes sein Manager und Regisseur. Kalli nickt zu allem und lässt sich gern beraten und lenken. \r\n\r\nDa Kalli nicht der große Leser ist und eher der Praktiker, schlägt er gleich vor, sie sollten doch wie die Agenten in Hannes Heftchen in der Siedlung so einiges auskundschaften – in Unterhosen. Wie peinlich. „Mission Unterhose“ ist geboren. Am ersten Abend ist der nicht gerade gut trainierte Hannes völlig aus der Puste, die Knie sind zerschrammt und er ist völlig fertig vom Laufen und sich verstecken.
Nach und nach weiten die Jungen ihre Mission Unterhose aus und ziehen so ihre Schlüsse aus ihren Beobachtungen. Frau Biber und Herr Moll, das haben die Jungen beim Linsen in die Küchenfenster festgestellt, essen immer allein. Sie kann gut kochen und er öffnet Dosen. Nach einer eindringlichen Info von „MU“ sitzen die beiden zusammen an einem Tisch und genießen die Zweisamkeit und ein gutes Essen, natürlich nicht aus der Dose. Die Jungen schlichten den Streit eines Pärchens und entdecken, dass Kallis angehimmelter Star BIG bald in die Villa in der Nachbarschaft einziehen wird.
Allerdings ist BIG menschenscheu und will mit seinem treuesten Fan und Nachahmer nichts zu tun haben. Das kann Kalli natürlich nicht akzeptieren, Hannes schon. Aber keine Chance, wenn Kalli sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann gibt es kein Entrinnen.
Herrlich temporeiche, überdrehte, wie verrückte Freundschaftsgeschichte von zwei sehr gegensätzlichen Jungen, die sich aber doch wiederum gut ergänzen, gespickt mit komischen Dialogen, idiotischen Witzen und kleinen Seitenhieben Richtung Erwachsene.
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