Kristina Ohlsson: Spätsommertod, Ein Schwedenkrimi mit August Stringberg, Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann, Limes Verlag, München 2025, 576 Seiten, €18,00, 978-3-8090-2788-1

„Menschen in normalen Familien wurden nicht ermordet. Nicht, wenn sie nicht zufällig irgendeinem Bandenkrieg in den Weg kamen, doch das war eine ganz andere Sache. Ein ganz anderer Tod.“

Nichts im ruhigen schwedischen Ort Hovenäset, wo sich doch alle im August auf das Krebsfest freuen, weist darauf hin, dass die angesehene Familie Dahlman nicht, was auch immer das heißen mag, normal sein könnte. Ove und Irma Dahlman, beide pensioniert, haben mit Freude den Lehrerberuf ausgeübt, kümmern sich rührend um die Enkel Lucas und Elina und haben ein gutes Verhältnis zu Sohn Magnus und Schwiegertochter Lovisa, die gleich in der Nähe wohnen. Doch dann findet der vorsichtige Magnus die Eltern in ihrem Haus. Sie wurden offenbar nach ihrem Einkauf bei McDonalds vergiftet. Jemand hat in die Erdbeershakes eine tödliche Dosis von Irmas Medikamenten gemischt. Sie ist sofort tot, Ove fällt im Krankenhaus ins Koma. Kriminalinspektorin Maria Martinsson kann nun nicht am Krebsessen mit ihrem Freund August Strindberg, der ihr zu gern einen Heiratsantrag machen möchte, und Tochter Sofia teilnehmen. Beide reden natürlich nicht über den Kriminalfall, doch Strindberg, wenn er etwas in seinem Secondhandladen oder von Nachbarn erfährt, arbeitet gern der Polizei zu. Außerdem jobbt der vierzehnjährige Lucas Dahlman ab und zu für August Strindberg und kümmert sich als Babysitter um die sechs Monate alte Sofia. Alle sorgen sich um den Jugendlichen, der nach den Geschehnissen um die Großeltern sehr niedergeschlagen wirkt und dazu noch glaubt, er muss seine Familie vor einem möglichen weiteren Mordanschlag beschützen.
Parallel zu der Ermittlungsarbeit erzählt Kristina Ohlsson von Ray-Ray, dem engen Kollegen von Maria, der sich ausgerechnet in die Kriminaltechnikerin Vendela verliebt hat. Niemand soll von beider Verhältnis erfahren, doch Maria ahnt, dass etwas in Ray-Rays aufregendem Privatleben, immerhin hat er fünf Kinder von vier Frauen, geschehen ist. Und dann baut die schwedische Autorin auch noch das Schreibtagebuch von Clara, die unter Depressionen litt, in die Handlung ein. Sie ist die Tochter von Ove, deren Mutter nie wollte, dass Clara Kontakt zu ihrem Vater hat. Vor sieben Jahren hat sie sich mit vierundvierzig Jahren das Leben genommen, was Ove tief getroffen hat. Nach und nach entdecken die Ermittler, dass in der nach außen hin so anständigen Familie Dahlman doch Abgründe lauern. So hatte Irma wohl seit Jahren Geldprobleme, da sich ihre Spielschulden anhäuften und sie immer mehr Kredite aufnahm. Als sie ihren Sohn um Geld bat, hat dieser von ihr verlangt, dass sie endlich ihren Mann Ove einweiht. Stellt sich die Frage, ob die Mutter in ihrer finanziellen Not vielleicht sich und ihren Mann getötet hat? Oder war der fremde Mann vor der Tür der Dahlmans ein Kredithai? Vieles behalten Magnus und Lovisa für sich und behindern so auch die Ermittlungsarbeiten, z.B. die Geschichte vom übereifrigen Lehrerkollegen Viking Nilsson, den Ove als Rektor der Schule vor Jahren entlassen wollte, der aber selbst gekündigt hatte. Auf den Aufzeichnungen im McDonald geht hervor, dass Ove und Viking sich dort begegnet sind und in Streit gerieten. Immer wieder hatte Viking Eltern beim Jugendamt angezeigt, weil sie ihre Kinder vernachlässigt hatten oder gar sexuell, wie Vinking glaubte, übergriffig geworden waren. Viking als Klassenlehrer machte sich damals Sorgen um Lukas und sein verängstigtes Verhalten in der ersten Klasse. Als Vendela dann auch noch auf einem Foto entdeckt, dass sogar Ray-Ray einst Kontakt zu Ove hatte, wandelt sich das Bild vom einst freundlichen Lehrer und Rektor. Nach und nach zerbrechen alle Beteiligten physisch und psychisch an diesem heimtückischen Mord und Mordversuch und können, nachdem Ove aus dem Koma aufwacht und ansprechbar ist, ihre Welt nicht nicht zusammensetzen.
In diesem Band ( Weitere Besprechungen zu Strindberg-Krimis finden sich in diesem
Literaturblog! ) spielt August Strindberg eher eine Nebenrolle, auch wenn durch den Fund eines Fotoalbums mit geheimnisvollem Schlüssel Fragen zu Strindbergs Großvater und Vater aufgeworfen werden und ein wichtiges Beweisstück in seinem Laden auftaucht.
Was wollen wir wirklich über unsere Eltern, die ein Recht auf Privatsphäre haben, wissen? Wie viele Geheimnisse hält ein Beziehung aus? Und wo hört das Schweigen auf, auch wenn es eine Familie zerstört?
Kristina Ohlsson eröffnet in ihrem Seiten starken Krimi zu viele Baustellen, die auch als Cliffhanger für kommende Bände dienen können, aber doch vom wahren ernsten Fall nur ablenken.

Keine Frage, für August Strindberg – Fans ein Muss, für Lesende, die jetzt erst einsteigen, trotzdem empfehlenswert!