Lee Child: Keine Kompromisse, Ein Jack- Reacher-Roman, Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Blanvalet Verlag, München 2019, 445 Seiten, €22,00, 978-3-7645-0637-7

„Das Foto zeigte eine schnurgerade Straße, die scheinbar endlos durch ein unendliches Meer aus Weizen führte, bis sie zu einer Nadelspitze geschrumpft in dem goldenen Dunst am Horizont verschwand. Dies war der alte Planwagentrail. Die nach Westen aus Mother’s End hinausführende Straße. Und sie war offenbar eine Allegorie. Ober auf der Seite stand: Unternimm die Reise mit uns. Und unten war zu lesen: Mother’s Rest. Endlich.“

Jack Reacher ist wieder ohne Gepäck unterwegs, ohne Kreditkarte, Handy oder irgendeinen Identitätsnachweis. Er zahlt prinzipiell nur bar und hinterlässt somit keine Spuren. Er ist vogelfrei und trotzdem neugierig auf andere Menschen, ansonsten wäre er Michelle Chang nicht ins Motel in dem kleinen Ort Mother‘ Rest gefolgt. Wie immer steigt Reacher aus dem Zug, wo es ihm gerade gefällt. Als er mit Michelle Chang ins Gespräch kommt, wird klar, dass sie ihren Kollegen, einen Privatdetektiv sucht, einen gewissen Keever. Der Leser ist ihr jedoch ein Stück voraus und weiß, dass dieser Mann in einem Feld tief vergraben wurde.
Reacher macht sich nun einen Spaß daraus, die Einheimischen nach dem seltsamen Namen des Ortes zu befragen und spürt sofort, dass er bei jedem Schritt und Tritt verfolgt wird. Wenn ihn jemand sieht, ob dies nun ein Geschäftsinhaber oder ein Schweinezüchter ist, greift er unvermittelt zum Telefon. Handyempfang existiert nicht.
Als klar wird, dass Keever nicht auftaucht, beginnen Michelle Chang und Jack Reacher, die sich mehr als nur sympathisch sind, zu recherchieren. Sie durchsuchen das Zimmer von Keecher im Motel und finden einen Hinweis auf einen Journalisten von einer Zeitung in L.A. und die Information von zweihundert Toten. Am Ende des Romans werden es noch mehr sein.
Nur Ashley Westwood von der „LA Times“ kann das Rätsel lösen und wenn dies geschieht, dann sind die Bewohner von Mother’s Rest in echten Schwierigkeiten. Dass die Leute im Ort die beiden gern vertreiben würden, müssen Chang und Reacher relativ schnell erfahren. Allerdings rechnen die Verfolger nicht mit Reachers Schlagkraft, die ihn als ehemaligen Militärpolizisten auszeichnet.
Auch wenn Reacher die Schläger außer Kraft gesetzt hat, Michelle Chang und er werden von einem gewissen Keith Hackett, der in Mother’s Rest täglich anruft, verfolgt. Egal wohin sie gehen, er ist ihnen Dank moderner Technik immer auf den Fersen.
Nach und nach sammeln Chang und Reacher, beide ahnen, das Keever nicht mehr lebt, Informationen und sie stoßen auf ein grausiges Geheimnis, dass mit dem Dark Net und vor allem mit dem Ort Mother’s Rest zu tun hat. Wie immer muss Reacher sich gegen bullige, diesmal osteuropäische Killer durchsetzen und wie immer behält er die Oberhand.

Das Strickmuster der durchaus gut lesbaren Reacher – Romane bleibt unverändert, allerdings dreht sich die Spirale der Gewalt innerhalb der Handlung um so heftiger. Gelingt Lee Child die Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen nicht sonderlich subtil, so spannt er doch den dramatischen Bogen lang an und lässt den Leser über eine weite Strecke im Ungewissen.
Die Auflösung bis hin zur Bedeutung des Ortsnamens Mother’s Rest schockiert auch den routiniertesten Krimileser, obwohl man da eigentlich auch nicht sicher sein kann.

Für Jack Reacher – Fans ein Muss, auch wenn man seit den Verfilmungen jetzt immer Tom Cruise durch die amerikanische Landschaft reisen sieht.