Tania Kjeldset: Juli, Deutsch von Maike Dörries, Oetinger Verlag, Hamburg 2011, 218 Seiten, €13,95, 978-3-7891-4049-5

„Sie ist es leid, dass nie etwas passiert in ihrem Leben. Ist es leid, zu warten.“

Jeden Sommer treffen sie sich auf dieser kleinen, norwegischen Insel – Elin, Sara, Mikkel, Anton und Anne Gro. Zwischen Elin und Sara hat sich über die Jahre eine typische Sommerfreundschaft entwickelt, die nur an den unbeschwerten heißen Tagen am Meer funktioniert. Wenn Elin ihre Oma nach den Ferien wieder verlässt, dann ist auch die Sommerfreundin vergessen. Elin wollte immer so sein wie Sara, bewunderte ihr Aussehen, ihre Unbekümmertheit und ihre Ausstrahlung. Doch seit dem letzten Sommer, sie waren 14 Jahre alt, hat diese ungleiche Freundschaft einen Riss. Sara hat Mikkel und Terese, die zu den Zeugen Jehovas gehört, bei ihrem heimlichen Treffen, scheinbar ohne groß nachzudenken, ein Spaß, nackt fotografiert. Elin kann auch im Jahr danach Saras hämisches Grinsen nicht vergessen, als sie dieses Foto wie eine Trophäe in die Luft hält.
Wieder ist es Sommer und ein Neuer, Kato, ist als Sommergast mit seiner Mutter Henny auf der Insel. Sie malt und Kato kümmert sich wie ganz nebenbei um Georg, den geistig behinderten Sohn des Vermieters Edmund Dal. Immer heftiger werden die Spannungen zwischen Elin und Sara, die was es koste, immer im Mittelpunkt stehen muss und auch keine Lügen scheut, um andere zu manipulieren. Hat Elin oft eingelenkt, sich nicht von Saras Gemecker über ihre Bücher beeinflussen lassen und Mikkels Annäherungsversuche ignoriert, so spürt sie doch, dass die einvernehmliche Zeit mit Sara vorbei ist. Als dann herauskommt, dass Sara das peinliche Foto zu Weihnachten an Tereses Familie geschickt hat, ist Elin völlig sprachlos.
Aus Elins und Katos Sicht erzählt die in den USA geborene, aber in Norwegen aufgewachsene Autorin von diesem unvergesslichen Sommer, der so vieles verändert.\r\nSie berichtet vom gegenseitigen Fremdwerden zwischen den Sommerfreundinnen, aber auch von der Sehnsucht Elins nach etwas Neuem, noch nie Erlebtem.

Kato und Elin beobachten sich aus der Ferne. Klein ist die Insel, da lernt man sich einfach kennen. Für den 16-jährigen Kato ist dieser Urlaub etwas Besonderes, er fühlt sich in der leicht heruntergekommenen Ferienwohnung ganz wohl, denn er hat endlich Freiraum für sich und mag den anhänglichen Georg, mit dem er so gern Boot fährt. Henny jedoch verlässt nicht einmal ihre Unterkunft, sie trinkt und unternimmt auch keinen Versuch, diese Tatsache zu verheimlichen. Katos Kontakt zu Elin leidet darunter, dass er sich nach wie vor um seine alkoholkranke Mutter kümmern muss. Durch Edmund Dals Eingreifen scheint sich auch an Katos Leben so einiges zu verändern.
Feinfühlig, szenenweise auch melancholisch- poetisch ( „Der Gedanke daran ist wie ein cremiges Sahnebonbon, das einem langsam auf der Zunge zergeht.“) und leicht zugleich erzählt Tania Kjeldset von einer ersten Liebe, Vertrauen, aber auch von falschen Gefühlen und neuen Erfahrungen, auf die man gern verzichtet hätte.
Ein Sommerroman ganz nah am Leben und trotzdem zum Träumen.