Elizabeth Miles: Im Herzen die Rache, Aus dem Amerikanischen von Birgit Salzmann, Loewe Verlag, Bindlach 2013, 381 Seiten, €17,95, 978-3-7855-7377-8

„Doch Chase wusste, wie leicht alles in die Brüche gehen konnte. Manchmal reichte schon ein ganz kleiner Fehler: einmal im Spiel den Ball verlieren, eine Lüge, ein einziges Anklicken eines Senden-Buttons. Nur ein schwacher Moment.“

Ein Ort im Bundesstaat Maine, in der Nähe von Boston, ist der Schauplatz, den sich Elizabeth Miles für ihren Jugendroman ausgesucht hat. Alles beginnt mit einem Paukenschlag, den die Schüler der Ascension Highschool verdauen müssen. Auf einer angesagten Party, auf die auch Emily Winters und Chase Singer eingeladen sind, wird bekannt, dass sich ihre Mitschülerin Sasha Bowlder von einer Brücke gestürzt hat und nun im Krankenhaus liegt. Alle wissen, dass Sasha in der Schule gemobbt wurde. So wie die normalen Unterrichtsstunden gehörte für viele das „Bowlder-Dissen“ zur täglichen Routine. Kurz vor ihrem Selbstmordversuch stellte sogar jemand sehr private Äußerungen Sashas ins Netz, in denen sie ihr Innenleben offenbarte und wer genau hinschaute, konnte von ihrem tiefen Kummer lesen. Chase war mit Sasha einst befreundet, als sie noch wie er am Rand der Stadt in der Wohnwagensiedlung lebte. Durch die Heirat der Mutter stieg die Familie sozial auf und Sasha wollte von ihrem einstigen Freund, den sie als „Wohnwagengesindel“ bezeichnete, nichts mehr wissen. Chase freute sich, als Sasha zum Mobbingopfer der Schule wurde.

Der Jugendliche war auch froh, dass nicht er zum Spielball der wohlbetuchten Mitschüler avancierte. Krampfhaft bemüht einerseits im Strom leistungsmäßig mit zu schwimmen, andererseits durch sportliche Erfolge im Footballteam positiv aufzufallen, kämpft sich Chase durch den Schulalltag. Mit Zach, dem angesagtesten Jungen an seiner Seite, hat Chase schon mal den Rücken frei, um wiederum andere Schüler zu demütigen, z.B. JD, den besten Freund von Emily. Emily wiederum ist mit der leichtlebigen, verwöhnten, aber auch liebenswerten Gabby befreundet, die mit Zach geht. Allerdings hat sich Em Hals über Kopf in den charmanten Freund ihrer besten Freundin verliebt und ahnt, dass er ihre Gefühle erwidert. Als Gabby über die Weihnachtsferien verreist, kommen sich Zach und Em sehr nahe.

Ohne zu ahnen, was in ihrer kleinen Stadt vor sich geht, können nur Em und Chase drei wunderschöne Mädchen sehen – Ty, Ali und Meg. Ty beginnt Kontakt zu Chase aufzunehmen. Diese Verbindung, durch die Chasen’s zwanghaft aufgebaute Fassade an der Schule einstürzen wird, endet mit dem Tod des Jungen. Ali heftet sich an Ems Fersen, die mit Zach hinter Gabbys Rücken eine Liebesbeziehung begonnen hat, die sie sehr ernst nimmt, doch Zach eigentlich nur seinen Spaß möchte.

Wie Rachegöttinen wüten die jungen Frauen im Stillen in der Stadt und Em ahnt, dass sie verfolgt und bedroht wird.
Äußerst spannend geschrieben und durch die Figurenkonstellation übersichtlich prangert die amerikanische Autorin in diesem Fantasyroman die gnadenlose Hackordnung unter Jugendlichen an. Immer dreht sich alles um den sozialen Status, wer aufgrund der vollen Geldbörse der Eltern oder sportlicher Leistungen beliebt ist und wer einfach als Freak oder wirklich begabter Schüler außen vor steht. Elizabeth Miles zeigt, was geschieht, wenn die wahren Gefühle um dazuzugehören unterdrückt werden müssen, nur noch Oberflächlichkeit und die Gier nach neuen Markenklamotten die Schüler bewegt, Verrat, Betrug und Cybermobbing, hinter dem sich der Täter anonym immer gut verstecken kann, plötzlich den Alltag bestimmen.

Die Autorin legt den Finger in die Wunde und straft in ihrer als Trilogie angelegten fiktiv-magischen Geschichte ihre Protagonisten für moralisches Fehlverhalten. Das mag man als Leser für gerecht oder übertrieben halten, über die Konsequenzen geschockt ist man allemal.