Horst Eckert: Nacht der Verräter, Heyne Verlag, München 2024, 400 Seiten, €17,00, 978-3-453-42941-3

„Aber jetzt fragte er sich, ob es richtig war, Kopf und Kragen für die Russen zu riskieren.
Für größenwahnsinnige Hallodris, die sich einbildeten, im Schneehandel mitmischen zu können.“

Als Max Bauer seine Frau Julia, die eigentlich aus Hamburg stammt, in Ketzin an der Havel kennenlernt und heiratet, ahnt er nicht, wer da an seiner Seite lebt. Die Vergangenheit, so hatte Julia es gefordert, ist tabu. Auch wer der Vater ihrer dreijährigen Tochter Emilia ist, bleibt ein Geheimnis. Als die Kleinfamilie, die in Düsseldorf lebt, dann jedoch beim Geburtstag von Robert, einem der Brüder von Max, zu Gast ist, geschieht das Unbegreifliche. Julia verschwindet ohne ihre Tochter und ohne eine Nachricht. Eigentlich wollte Julia diese Feier nicht besuchen, denn sie mag weder Robert, noch seinen Bruder André, noch Onkel Albert. Sie nennen sich die Russen, da sie einst als Wolgadeutsche nach Düsseldorf übergesiedelt sind. Robert und André sind auch nicht Max‘ richtige Bruder, aber alle drei sind Polizisten. Max ist in der Patchworkfamilie seines Vaters groß geworden und hat sich an die barsche Art der Familie, die auch der Meinung ist, dass Wladimir Putin ein guter Mann ist, gewöhnt.
Bei der Suche nach Julia gehen auch die Brüder und deren Frauen davon aus, dass sie einen anderen Mann kennengelernt hat. Doch Max kann das nicht glauben. Bei seinen Recherchen stößt er auf Ungereimtheiten und stellt fest, dass Julias Zeugnisse gefälscht sind. Als dann Martin Übelreuther, genannt Frodo, ein Verkäufer bei Onkel Albert im Musikgeschäft auf offener Straße erschossen wird, kann sich niemand ein Motiv erklären. Mehrmals versucht jemand, die kleine Emilia zu entführen und es stellt sich heraus, dass Julia offenbar im Zeugenschutzprogramm ist.
Außerdem tritt die Interne aus Mönchengladbach an Max heran und äußert die Vermutung, dass seine Brüder im Drogengeschäft mitmischen. Max hatte, ohne es zu ahnen, sogar für Onkel Albert Kokain geschmuggelt. Für ihn beginnt nun ein Tanz auf Messers Schneide. Auf wessen Seite soll er stehen und kann es sein, dass sich die Brüder, einschließlich Frodo mit der Mocro-Mafia, die nun mit ihren Aktivitäten auch in Deutschland agiert, angelegt haben? Als Julia wieder auftaucht, ist das Vertrauensverhältnis zu Max doch angekratzt, zumal dieser auch noch eine Affäre mit seiner Nachbarin Pina angefangen hat.
Horst Eckert erzählt vor dem Hintergrund seines fiktiven, höchst aktuellen Krimis von den internationalen Verknüpfungen rund um den Kokainhandel. Dass auch Julia, die eigentlich Sandra Tessin heißt, und von Beruf Ärztin ist, in der Hamburger Drogenszene mitgemischt hat, wirkt doch etwas konstruiert.
Klar wird, niemand, auch nicht Max, verfügt über einen moralischen Kompass. Alle werden vom schnöden Mammon verführt, denn wer will nicht ein imposantes Haus haben oder einen exotischen Urlaub machen. Dass man vor der Mafia, die wie ein globales Unternehmen agiert, kaum fliehen kann, darum kreist dieser absolut lesenswerte Krimi aus der Hand eines Autors, der keine Scheu hat gesellschaftliche Konflikte ohne Happy End zu thematisieren.