Heidi Linde: Glatt gelogen – Die schrägste Familie der Welt, Aus dem Norwegischen von Maike Dörries, Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 2013, 239 Seiten, €12,95,978-3-7915-1209-9

„Selbst ganz gewöhnliche Dinge, die andere Familien ohne Probleme wuppten, kriegten wir nicht auf die Reihe.“

Familie Petterson bekommt nichts gebacken. Immer ist das Auto im Urlaub kaputt, die Familie verfährt sich oder ist nicht in der Lage, den richtigen Zug zu erreichen. Es ist ein Graus. Und über diese Chaotentruppe soll die zehnjährige Pym, die eigentlich Victoria heißt, auch die Wahl ihres Vornamens ist eine Story für sich, eine wahre Geschichte vor der versammelten Klasse erzählen. Eine Zumutung. Hilde, Pyms kluge Lehrerin, rät dem Mädchen mal die Perspektive zu wechseln, um wie eine Fliege an der Wand, die Familie zu beobachten. Die anderen Kinder können das viel besser. Jeder lauscht gespannt den Geschichten von abenteuerlichen Frühgeburten, Helden in der Familie oder Poemen auf die ach so tollen Familienmitglieder. Pym mit ihren älteren und doch eher fiesen Zwillingsgeschwistern Sana und Sigmund kann da keinen Blumentopf gewinnen. Immer gibt es Streit in der Familie, nie endet mal ein Essen ohne Türen schlagen oder Brüllerei. Pyms Mutter ist meistens fix und fertig, da sie in der Nacht kein Augen zumachen konnte, da Pyms Vater enorm laut schnarcht.

Doch warum schämt sich Pym so für ihre Familie? Sie sind weder Kriminelle noch Alkoholiker. Weil sie schräg sind, gern diskutieren und für Pym einfach nur „Panne“ sind?

Ist das in anderen Familien nicht genau so? Wer glaubt denn schon diese Storys von den sich liebenden Schwestern?

Gut, wahr muss die Geschichte von Pym schon sein. Der erste Versuch läuft gründlich schief, denn das fantasiereiche Mädchen bringt es nicht fertig, über die eigene Familie zu schreiben. Sie denkt sich einfach aus, dass ihr Urgroßvater der dritte Mann war, der den Mond betreten hat. Die Idee entstand, als sie mit ihrem älteren Bruder über den ersten und zweiten Menschen 1969 auf dem Mond sprach.

Hilde durchschaut natürlich Pyms Lügengeschichte und bittet sie um eine neue, wahre Begebenheit. Pyms zweite Geschichte ist noch viel verrückter als die erste, denn sie behauptet, dass Sana ein aus China adoptiertes Kind sei.

Pym, die auch die Ich-Erzählerin ist, reflektiert über das unpädagogische Verhalten ihrer Eltern, ihre verwöhnte große unordentliche Schwester, die einfach auf nichts aufpassen kann und ihre eigene Rolle als kleine, unterdrückte Schwester. Wie kann es sein, dass bei ihrer Freundin Sofia, die eine Menge Schwestern hat, trotzdem alles viel besser in der Familie läuft als bei ihr zu Hause?

Am Ende wird Pym einfach nur beschreiben, was in ihrer Familie so an einem Nachmittag passiert und das hat es so in sich, dass alle glauben, Pym übertreibt wieder mal maßlos. Ganz im Gegenteil, alles was sie geschrieben hat, war eher noch untertrieben.

nNur eins ist klar, auch wenn die Pettersons pausenlos diskutieren, nie einen ordentlich aufgeräumten Flur vorweisen werden und schon gar kein schönes Vorgartenbeet, sie lieben sich auf ihre Weise und die ist alles andere als schräg, sondern sehr normal.

Unterhaltsame wie witzige, pointierte wie liebevolle Geschichte vom ganz normalen Alltagswahnsinn!