Gabrielle Zevin: Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry, Aus dem Englischen von Renate Orth-Guttmann, Eichborn Verlag, Köln 2025, 256 Seiten, €16,00, 978-3-8479-0226-3
„Er hat den Verdacht, dass sie recht hat. Er ist ein Snob und untauglich für Beziehungen. Er wird seine Tochter großziehen, sich um seine Buchhandlung kümmern, seine Bücher lesen, und das, beschließt er, ist mehr als genug.“
A.J. Fikry und seine Frau Nicole hatten einst akademische Ambitionen. Als Nic dann geerbt hatte, beschlossen beide, auf Alice Island ihren Buchladen Island Books zu eröffnen. Sie hat die Werbetrommel für erfolgreiche Events nebst Buchverkäufen gerührt, und er konnte in Ruhe literarische Titel lesen und nicht diesen Romantasy – Kram oder womit sonst noch Verlage den Buchmarkt überschwemmen. Doch dann verstarb Nic bei einem Autounfall und der neununddreißigjährige Witwer versinkt in seiner Trauer. Als finanzielle Sicherheit, und das war ein Zufallsfund zwischen vielen anderen alten Büchern, liegt in A.J. Fikrys abgeschlossenem Schrank eine Erstausgabe von Edgar Alan Poes „Tamerlane“. Leider wird ihm dieses wertvolle Buch gestohlen und eine Anzeige beim Chief Lambiase, der später ein guter Freund und Leser wird, ist ziemlich sinnlos. Nun könnte alles den Bach hinuntergehen, aber dies ist ein Unterhaltungsroman, der mit seiner Hommage ans Lesen lebensbejahend sein soll. Was kann besser funktionieren als ein grummeliger Mann und ein kleines Kind, das plötzlich im Buchladen sitzt und im wohl berühmtesten amerikanischen Bilderbuch „Wo die wilden Kerle wohnen“ blättert? Auch wenn A.J. Fikry seine Unkenntnisse, was Kindererziehung anbelangt, bei Google nachfragt, ist er doch ein empfindsamer Kerl, der die zweijährige Maya, deren Mutter, die Suizid begangen hat, per Brief um Hilfe beim Buchhändler bittet, nicht Nein sagen kann.
Alle Hürden einer Adoption erspart die Autorin den Lesenden und das wunderbare Leben im malerischen Ort mit leider holzschnittartigen Nebenfiguren kann weitergehen. Was nun folgen muss, ist Glück in der Liebe. Gleich zu Beginn lernt die Verlagsvertreterin Amelia den trauernden wie abweisenden A.J. Fikry kennen und bereut bereits die lange Überfahrt auf die Insel. Als der Buchhändler dann das Buch, dass Amelia ihm sinnloserweise empfohlen hatte, von Leon Friedman „Späte Blüte“ per Zufall Jahre später liest, beginnt ein reger Austausch zwischen beiden. Um ihr eine Freude zu machen, lädt A.J. Fikry den Autor zu einer Lesestunde ein. Zuvor hatte der Buchhändler immer behauptet, er wolle die Autoren gar nicht kennenlernen, denn sie seien eher eine Enttäuschung. Was alle jedoch mit dem angeblichen Autor von „Späte Blüte“ erleben, ist wohl der witzigste Teil in dieser leider sehr vorhersehbaren Handlung, die auch nicht um der Tränendrüsen willen vor einer Krebserkrankung zurückschreckt.
Immer wieder fließen in die Handlung Literaturempfehlungen ein, A.J. Fikry schreibt kurze Texte zu Klassikern und Maya entpuppt sich neben ihrer Leseleidenschaft als sehr junge Autorin.
Alice Island ist fiktiv, die Figuren teils sympathisch oder auch nicht und die Geschichte eher unwahrscheinlich, auch wenn Literatur trotz bezeugtem Wahrheitsgehalt dies gar nicht sein muss.
Leichte Lektüre, die sich einreiht in die Wohlfühlbücher über kleine Buchhandlungen und die Faszination des Lesens!