Eva Lohmann: Das leise Platzen unserer Träume, Eisele Verlag, Berlin 2023, 224 Seiten, €22,00, 978-3-96161-172-0
„Manchmal hatte Jule das Gefühl, sie baute weiter an einem Nest, von dem sie beide wussten, dass es leer bleiben würde, und nur er hatte das akzeptiert. Trotzdem konnte sie nicht aufhören, glaubte, dem Haus diese Zuwendungen schuldig zu sein.“
Jule und Hellen sind im gleichen Alter, beide sind vierzig Jahre alt und beide haben eine Beziehung zu David. Ist die eine mit ihm verheiratet, aber hat kaum noch Sex, so genießt die andere einfach nur die Affäre. Hellens achtjährige Zwillinge haben David noch nie gesehen, essen aber gelegentlich das Obst, das er mitbringt. Hellen will nach ihrer Scheidung und dem sozialen Abstieg ihre Freiheit behalten. Jule wünscht sich sehnlichst ein Kind und lebt mit David seit gut vier Jahren auf dem Land, Hellen hat eine kleine Wohnung in einem angesagten Viertel in der Stadt.
Eva Lohmann lässt beide Frauen aus ihrer Sicht von den Geschehnissen berichten, dabei richtet Hellen ihre Gedanken auf Jule, die sie durch Erzählungen von David glaubt zu kennen.
Als Jule und David das Haus auf dem Land gekauft hatten, gab es unendlich viel Arbeit im Haus und im Garten. Jules romantische Vorstellungen von einer glücklichen Nachbarschaft mit den Dorfleuten und der Kinderschar, die sie bald umgeben würde, wurden nicht erfüllt. Das erste Kaffeetrinken mit Nachbarin Annie endet dann auch etwas kläglich.
„Vielleicht war es so, dass die Menschen vom Land eben nicht so gerne so viel von sich preisgaben, dass sie, im Gegensatz zu den Städtern, mehr für sich behalten wollen, was verständlich war, wenn man einmal erlebt hatte, wie beobachtet man sich im eigenen Haus auf dem Dorf fühlen konnte.“
Jule glaubt, sie müsse sich dem Dorf anpassen, was sich als Irrtum herausstellt. Auch Jules Freundinnen, die alle mit Familie und Kindern ausgelastet sind, haben sich vielleicht einmal ins Dorf verirrt, aber nie kam es zu regelmäßigen Besuchen. Da Jule durch gute Investitionen der Eltern und den Verkauf ihrer Eisdiele finanziell unabhängig ist, kann sie im Dorf im Gutshof einer Arbeit nachgehen, die ihr Spaß macht. Sie kocht für Gäste, natürlich vegan oder einfache Hausmannskost.
David arbeitet als Anästhesist und pendelt zwischen Dorf und Stadt. Nachdem sich zwischen ihm und seiner Frau ein unangenehmes Schweigen breit gemacht hat, umgehen beide auch die Frage, warum sie eigentlich noch zusammen leben. Glücklich sind sie nicht, denn das erhoffte Freiheitsgefühl auf dem Land stellt sich einfach nicht ein. Nur die zugelaufene, alte Katze scheint Jule und David zu Gesprächen anzuregen. Die Nachbarin hat wenig Verständnis für teure Operationen und äußerst dieses auch sehr drastisch.
In der Mitte des Lebens versucht die eine Protagonistin, ihren Lebenstraum zu erfüllen, die andere jedoch vermarktet ihr Leben mit den Kindern unter prekären Verhältnissen mit schlechtem Gewissen bei Instagram. Dass am Ende der Krach und die Konflikte vorprogrammiert sind, ist völlig klar. Überraschend sind jedoch die Entwicklungen, die sich aus der Aufdeckung der Affäre, einer Schwangerschaft und guten Gesprächen zwischen den Frauen ergeben.
Sehr empfehlenswert, vor allem für alle, die glauben, das Dorfleben hätte etwas Romantisches.