Gert Loschütz: Ein schönes Paar, Schöffling & Co., Frankfurt a.M. 2018, 240 Seiten, €22,00, 978-3-89561-156-8

„Ich erkannte sofort ihre Schrift, die, anders als seine, unregelmäßig war, flatterig, mit nach allen Seiten hin wegkippenden Buchstaben. Hielt man seine in gestochen klarer Schrift abgefassten Briefe daneben, glaubte man, in ihm einen Mann der schnellen, klaren Entschlüsse zu haben, jemanden, der genau wusste, was er wollte, während man sie für unsicher und leicht beeinflussbar hielt. Dabei war es genau umgekehrt.“

In nur kürzester Zeit sterben die Eltern des Ich-Erzählers Philipp Karst, der als Fotograf seinen Lebensunterhalt verdient. Als genauer Beobachter interessiert an Stätten, die zerfallen und ohne Menschen auskommen müssen, spürt der Erzähler nun dem Schicksal seiner Eltern nach.

Als sich Georg und Herta getrennt haben, da war Philipp noch ein Teenager. Nie hat er verstanden, wie es zu dieser stillen, fast lautlosen Entzweiung der Eltern kam, worin die wahren Ursachen lagen. Nach der Trennung verließ die Mutter über eine lange Zeit den Ort Tautenburg, in dem auch der Vater lebte. Sie schrieb an den Sohn Karten, ohne je ihre eigene Adresse zu vermerken. Fast stumm verliefen auch die wenigen Begegnungen mit der Mutter.
In Zeitsprüngen erinnert sich Philipp an die Lebensstationen der Eltern. Eigentlich stammen Philipps Eltern aus dem brandenburgischen Plothow, sie lernen sich im Krieg kennen und heiraten als glückliches Paar, dass nun endlich mit dem Sohn im Frieden leben kann. Doch dem Vater droht die Verhaftung und er flieht in den Westen. Herta folgt dem Ehemann mit dem Sohn. Jetzt könnte alles gut werden, die Welt steht ihnen offen. Niemand hätte zu diesem Zeitpunkt ahnen können, dass diese Ehe dem Ende entgegen geht.

Im Nachlass des Vaters findet Philipp eine Kamera, die der Auslöser für die tragischen Ereignisse und die Trennung der Eltern war. Bruchstückhaft konfrontiert der Autor den Leser mit Leerstellen, die dieser selbst zusammensetzen muss.
Es geht um eine Unterschlagung, um die Inhaftierung des Vaters, das Fremdgehen der Mutter, den Schmerz des Sohnes. Sorgsam kümmert sich der Vater um den Sohn, unternimmt mit ihm Spritztouren und beantwortet seine Fragen, wenn er kann. Die Mutter ist ein Tabuthema, die Karten, die sie schreibt, ein Rätsel.
Dass die Eltern aber doch bis an ihr Lebensende in Kontakt bleiben, auch wenn die Distanz mal größer und mal kleiner ist, berührt und schließt einen Kreis.

Gert Loschütz umkreist ein nicht gerade spektakuläres Familienleben und doch schreibt er so eindringlich und meisterhaft von Gefühlen und Gedanken, dass man einfach fasziniert von seinen Figuren immer weiterlesen muss.