Katarina Bivald: Ein Buchladen zum Verlieben, Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs, btb Verlag, München 2014, 446 Seiten, €19,99, 978-3-442-75456-4

„Und sie schwor sich, ihnen allen Bücher nahezubringen, bis sie hier fertig wäre. ‚Weißt du‘, sagte Tom, als er ihre Entschiedenheit in ihren Augen gesehen hatte. ‚Wenn du diese Leute hier zum Lesen bringen willst, dann wirst du ganz schön viel List brauchen.“

Wenn Sara Lindqvist lesen kann und von Büchern umgeben ist, dann ist sie glücklich.

Ja, sie hatte mal eine kurze Beziehung, aber das war längst nicht so gut wie sich in Geschichten verlieren. Ihre langjährige Arbeit in der Buchhandlung ist leider beendet und so entschließt sie, die Einladung ihrer Brieffreundin Amy Harris aus dem Mittleren Westen anzunehmen und von Schweden nach Iowa, genauer gesagt, nach Broken Wheels zu reisen.

Kaum angekommen kann Sara an einer Beerdigung teilnehmen, denn Amy ist nach schwerer Krankheit verstorben. Die schüchternde und nicht gerade attraktive Sara wird von den Nachbarn und Freunden Amys herzlich aufgenommen. Man kümmert sich um die „Touristin“. George soll sie, die unerklärlicherweise keinen Führerschein hat, überall hinfahren. Sara fühlt sich doch unwohl in Amys Haus. Sie zahlt keine Miete und immer, wenn sie jemand mitnimmt, um ihr etwas zu zeigen oder mit ihr ins Café zu gehen, darf sie nicht zahlen. In der wirtschaftlich schwachen Prärielandschaft, auch in Broken Weels, herrschen Stillstand und Zerfall. Die Schule wurde geschlossen, die Häuser sehen erbärmlich aus und die Läden in den Straßen sind fast alle geschlossen. Sara verkriecht sich in Amys Haus, in dem sie endlich den Buchschatz ihrer Freundin gefunden hat. Vieles weiß Sara über die Leute im Ort durch Amys Briefe, sie kennt sie von ihren Beschreibungen. Da ist die resolute Caroline, die nie verheiratet war, aber alles effektiv im Gemeinderat regelt. Da sind Andy und der gutaussehende Tom, die gemeinsam eine Bar führen und zusammenleben. Da ist John, der Mann, den Amy liebte und der hilfsbereite George, der momentan trocken ist. Und es gibt Tom, den Mann der Sara verunsichert und doch anzieht. Sara ist in einem Ort gelandet, wo die Leute nie ihre Häuser abschließen. Es gibt nichts zu klauen, und Offenheit scheint hier kein Fremdwort zu sein. \r\n\r\nSara entdeckt beim Schlendern durch die Straßen den ehemaligen Laden von Amy. Sie will den Menschen, die so offen und freundlich zu ihr sind, etwas zurückgeben.

Sie beschließt mit den zahlreichen Büchern von Amy und kostengünstigen Ankäufen im Internet, einen Laden zu eröffnen. Die Frage ist nur, wie sie die Einwohner zum Lesen bringt, wie sie es schafft, sie für die Literatur zu begeistern? Die Leute im Ort staunen, wenn sie sehen, dass Sara pausenlos liest. Sie glauben, dass Geschriebenes keinen wahren Wert hat. Und sie stoppen sogar die Zeit, wenn Sara in ihrem Buchladen am Schaufenster vertieft in einem Buch liest und nie hochschaut. Nach und nach zieht Sara sogar die Leute aus dem benachbarten Hope an. Sie kaufen Bücher und jetzt sind die Einwohner aus Broken Weel sauer, immerhin ist das ihr Laden und es sind ihre Bücher, die ja vielleicht doch neue Welten eröffnen. Sara überlegt sich anziehende Überschriften für Bücher, die sonst unter Belletristik, Sachbuch oder Krimi eingeordnet sind: „Kein überflüssiges Wort“ oder „Für Freitagabende und faule Sonntage im Bett“.

Und doch, bald sind ihre zwei Monate in den USA vorbei und was dann? Caroline versucht bei einem Anwalt, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Sara zu erwirken. Aber sie beißt auf Granit, nichts ist möglich, außer Sara heiratet.

Natürlich wissen alle sofort, wen sie heiraten muss, Tom. Allerdings will er, stellvertretend für die Stadt, nicht den Kopf hinhalten. Sara ist betrübt, denn sie fühlt sich wohl in der amerikanischen Provinz. Längst haben ihre Eltern es aufgegeben, sie dazu aufzufordern, doch mal eine interessante Großstadt zu besuchen.\r\nViele Autorennamen von Klassikern bis hin zur aktuellen Fantasyliteratur fallen und immer wieder kehrt Sara in Gedanken zu den Büchern zurück, die sie liebt: Jane Austens Werke, Lauren Oliver, Krimis von Lee Child oder Helen Fieldings „Bridget Jones“-Romane. Aber nicht nur Sara verändert vieles in Broken Wheel, auch sie revidiert ihre Meinung und kommt zu dem Schluss: „Die Wirklichkeit war genauso gut wie Bücher.“

In Katarina Bivalds Roman dreht sich alles um Stillstand und Aufbruch. Die Literatur als Lebenselixier spielt eine wichtige Rolle, aber es geht in der unterhaltsamen, sprachlich ausgefeilten Wohlfühllektüre mit Tiefgang doch eher um menschliche Schicksale, dem Zusammenhalt der Zurückgebliebenen in einem vergessenen Ort und vor allem um die Überwindung von Intoleranz.