Tatiana de Rosnay: Drei Tage in der Sonne, Aus dem Englischen von Angelika Kaps, Bloomsbury Verlag, Berlin 2014, 304 Seiten, €19,99, 978-3-8270-1175-6

„Keiner von ihnen ahnte, dass Nicolas Duhamel allmählich Schichten seiner sympathischen Aura ablegen und Nicolas Kolt werden würde, eine Spur blasierter, einen Hauch weniger herzlich.“

Mit 26 Jahren veröffentlicht der Franzose Nicolas Kolt seinen Debütroman „Der Brief“ und landet überraschend weltweit einen Bestseller. Kurz darauf wird der Stoff verfilmt und gewinnt sogar einen Oskar. Nicolas Kolt ist der neue Star am Bücherhimmel und alle warten nun nach vier Jahren gespannt auf seinen zweiten Roman. Autobiografisch erzählte der junge Autor in seinem Debüt von einem Familiengeheimnis, das nie herausgekommen wäre, hätte Frankreich nicht seine Ausländergesetze verschärft. Als Nicolas 11 Jahre alt war, 1993, kam sein rätselhafter Vater beim waghalsigen Surfen um. Als Hauptfigur wählt Nicolas für seinen Roman eine Frau, die auf die 50 zugeht. Ihr Tonfall, ihre starke Persönlichkeit werden die Leser faszinieren.

Aber Nicolas hat sich in den Erfolg verliebt, er ist geradezu süchtig nach der Aufmerksamkeit um seine Person. Er genießt die Lesereisen rund um den Globus, er ist ständig auf Facebook oder Twitter, um mit seinen Fans im Kontakt zu sein. Ja, er ist gierig nach den sozialen Netzwerken und nach dem Erkanntwerden in der Öffentlichkeit.

„Seine Mutter fragte ihn oft, ob sie ihm wohl auf Twitter folgen müsse, um von ihm mal eine Antwort zu bekommen. Alice beklagte sich darüber, dass er sogar während ihrer Mittagessen ständig auf sein Handy sehen musste.“

Dem Luxus nicht abgeneigt, sammelt und verschenkt er teure Marken-Uhren, zeigt sein Gesicht in der Werbung und verliert durch seinen erwachten Hochmut, die Selbsttäuschung und den schnellen Ruhm nach und nach seine alten Freunde.
Mit seinem Moleskin-Notizbuch und dem Montblanc-Füllfederhalten seines verstorbenen Vaters sitzt der bekannte Autor nun an der italienischen Küste in dem exquisiten, wahnsinnig teuren Hotel Gallo Nero und tut wieder so als würde er an seinem nächsten Roman feilen. Den Vorschuss hatte er von Alice, seiner Verlegerin, längst eingestrichen und sie fragt ab und zu recht vorsichtig nach, wie das neue Werk vorangeht.

Alice ist die Freundin seiner Ex-Freundin Delphine, die Nicolas die Tür gewiesen hat, nachdem sich seine Persönlichkeit durch den unerwarteten Ruhm so nach und nach veränderte. Nun lebt die attraktive, etwas wortkarge Malvina an seiner Seite. Er liebt sie zwar nicht, kann aber auch nicht allein sein. Ohne den Bezug zur wahren Außenwelt erinnert sich Nicolas schmerzlich an den Abschied von seiner Freundin Delphine. Er durchlebt immer wieder die Geschichten, die sich um die Figur seines Vaters und dessen Familie in Russland ranken. Wie selbstverständlich hatte sich Nicolas damals an den Tisch gesetzt und alles niedergeschrieben.

Besonders Frauen zählen zu Nicolas dankbarem Publikum. Nur eine bissige Journalistin entlarvt das junge Talent als Eintagsfliege und Produkt. Aber es kommt noch schlimmer, die farblose Malvina findet heraus, warum es ihr im Luxushotel so schlecht geht. Sie ist schwanger.
Nicolas scheint langsam aus seinen Tagträumen zu erwachen, besonders in dem Moment, wo ein Luxusliner vor der italienischen Küste strandet.
Jetzt sind seine Lebensgeister und seine Hilfe gefragt und offenbar liefert ihm erneut das wahre Leben auch wieder ein Romanthema.

In erster Linie beschäftigen den bekannten Autor von Tatiana de Rosnay Luxusprobleme und doch kann man sich dieser Geschichte um einen erfolgreichen, wie verzweifelten Mann nicht entziehen, der sein Talent nicht nutzt, den Boden unter den Füßen verloren hat und dem Mammon des Geldes wie einer Droge unterlegen ist. Oder kann es sein, dass ein Autor nur einen einzigen, gelungenen Roman schreibt? Schwebt über den erfolgreichen Autoren immer diese Angst, nichts Neues mehr zustande zu bringen? \r\nWie korrumpierbar macht der Ruhm, der Luxus, die Beachtung in der Öffentlichkeit?
Alles Fragen, die man durchaus in einem unterhaltsamen, literarisch interessanten Plot stellen darf. Tania de Rosnay erzählt auch hier unterhaltsam ohne oberflächlich zu werden, tiefgründig ohne ihre Hauptfigur der Lächerlichkeit preiszugeben.