Natasha Farrant: Die Geschwister Gadsby und die Liebe, Aus dem Englischen von Annette von der Weppen, Carlsen Verlag, Hamburg 2015, 239 Seiten, €15,99, 978-3-551-58336-9
„Jake zu küssen, fühlte sich nass und komisch an und überhaupt nicht so, wie ein erster Kuss sich anfühlen soll.“
Die vierzehnjährige Bluebell Gadsby hat eine große Familie und Trubel ist eigentlich immer angesagt. Blue filmt gerne mit ihrer Digitalkamera und möchte irgendwann in den Medien arbeiten. Das nicht gerade dankbarste Objekt ist ihre Familie, von der sie einerseits erzählt und andererseits ein Filmtagebuch anlegt. Immer wenn Blue ihre drei Geschwister, Jasmine, Flora und Twig, und ihre Eltern als Kamerafrau begleitet, passiert garantiert irgendetwas Unvorhergesehenes. Der Vater, der so gar nicht mit Konflikten umgehen kann, flippt aus, eine unvorhergesehene Person läuft durchs Bild, das Essen brennt regelmäßig an oder ein gut gehütetes Familiengeheimnis wird verraten.
Seit Zoran, das ehemalige Kindermädchen, er war eine der Hauptpersonen im ersten Teil „Die Geschwister Gadsby“, die Familie verlassen hat und nun endlich als Musiklehrer arbeitet, streiten die Eltern wieder viel häufiger. Blues Vater lässt angeblich aus versehen Jas‘ Ratten frei und Blues Mutter wird immer fahriger und legt die schmutzige Wäsche nicht in die Waschmaschine, sondern in die Mülltonne.
Blue, die sich innerhalb ihrer Familie ziemlich unsichtbar fühlt, beobachtet alles und sie erzählt auch von sich, denn neuerdings hat ihr bester Freund Jake, kurz bevor er für vier Wochen nach Australien abreist, entdeckt, dass er sie liebt. Leicht überrumpelt behauptet Blue auch, dass sie ihn mehr als mag. Aber sicher ist sie sich nicht. Brav schreibt sie ihm wie versprochen jeden Tag eine Mail. Seine sporadischen Antworten sind ziemlich langweilig und Blue zweifelt, dass das wirklich die Leidenschaft ist, die sie mit der Liebe verbindet. Ihre Freundin Dodi, ein Einzelkind, feuert Blue in allem an und übernimmt gern auch alle Entscheidungen für sie. Allerdings schießen die beiden ab und zu übers Ziel hinaus, z.B. als sie ein Video mit Blues älterer Schwester Flora und Zach, dem Musikschüler von Zoran, einfach ins Netz stellen. Flora und Zach sehen sich lange schmachtend an als Zach ein selbst komponiertes, ziemlich trauriges Lied vorträgt.
Peinlich, peinlich. Flora ist stinksauer, denn sie kennt Zach doch gar nicht. Dass die beiden sich dann doch näher kommen, dafür sorgen aus schlechtem Gewissen Blue, Jas, Twig und Dodi.
So jagt eine Episode im Familienleben der Gadsby die nächste. Jas rettet zwei Katzenbabys, die Blues Vater, der zu Hause arbeitet und Bücher schreibt, den letzten Nerv. Blues Mutter schläft bei jeder Situation ein und alle machen sich schon richtig Sorgen bis sich herausstellt, dass Mrs Gadsby schwanger ist.
Als Jake dann aus seinem Urlaub zurückkehrt, ist Blue absolut enttäuscht. Sie haben sich einfach nichts zu sagen und wenn Jake Blue ins Kino einlädt, kommen seine Kumpels auch gleich mit. Keine heimlichen Liebesgeflüster, keine Schmetterlinge im Bauch, eigentlich nur die irrationale Angst irgendetwas falsch zu machen! Jake küsst Blue zwar, aber irgendwie hat sie sich die Gefühle bei einem Kuss ganz anders vorgestellt. Irgendetwas stimmt nicht mit dem Jungen. Es wird sich herausstellen, warum Jake sich so desinteressiert benimmt, warum Zachs Mutter nicht bei ihm ist und was mit den Katzenbabys geschehen wird.
Voller Tempo, lebensnah und vor allem komisch, ohne dass die britische Autorin ihre Figuren lächerlich macht, liest sich diese Familiengeschichte, die immer wieder gut für alle möglichen Überraschungen und Wendungen ist. Blues Sicht ist immer die eines Teenagers, der die Dinge einfach nicht so richtig durchschauen kann und Erfahrungen sammeln muss.
„Mit jemandem zu gehen, bloß weil er einem irgendwie leidtut, ist eine total blöde Idee. Nächstes Jahr wird alles anders, habe ich beschlossen. Nächstes Jahr mache ich nur noch Sachen, die ich wirklich will.“
Und das heißt, der nächste Band mit Babygeschrei und neuen chaotischen Familienepisoden sollte nicht zu lang aus sich warten lassen.
Schreibe einen Kommentar