Andy Weir: Der Marsianer, Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski, Heyne Verlag, München 2014, 512 Seiten, €14,99, 978-3-453-31583-9
„Der Mars ist eine kahle Wüste, und ich bin hier völlig allein. Das wusste ich natürlich schon vorher, aber zwischen dem Wissen und der direkten Erfahrung besteht ein großer Unterschied. Ringsum nichts als Staub, Steine und eine unendliche leere Wüste. … Es ist eine uralte Wüste, die langsam verrostet.“
Eines verliert der einsame Mann auf dem Mars nie und das ist sein Humor. Mark Walney, immerhin der fünfzehnte Mensch auf dem Mars, ist im Sandsturm zurückgeblieben als die Crew der Ares 3, nachdem sie ihn verzweifelt gesucht hatte, nach nur sechs Tagen Marsmission sich wieder auf den Rückweg begeben musste. Möglicherweise ist ein neues Raumschiff in vier Jahren zu erwarten oder auch keines, wenn die NASA ihre Experimente auf dem Mars einstellt. Mark Walney weiß, dass die NASA ihn für tot erklären wird. Als Botaniker und Mechaniker jedoch nutzt er all seine Kenntnisse, um zu überleben. Die Geschichte vom Robinson Crusoe allerdings im intergalaktischen Universum beginnt mit seinen eigenen Logbuch-Aufzeichnungen. Der Astronaut überlegt, wie er aus den Kartoffeln, die für Thanksgiving gedacht waren, eine Zucht in der großzügig gebauten Wohnkuppel anlegen kann. Vieles ist vorhanden, Strom, eine Wasseraufbereitungsanlage, die aber nicht genug Wasser produzieren wird, Proviant und eine Menge Plastiktüten.
Ohne Rücksicht auf die zarten Nerven des Lesers geht es um den natürlich Dünger, den Mark selbst produziert und viele technische Details, die erkennen lassen, dass der Autor als Softwareentwickler seine Brötchen verdient.
Fiktiv und gut durchdacht vermittelt Andy Weir eine Welt, in der es mit der Raumfahrt, bei allen Rückschritten, jedoch technologisch exorbitant vorwärts geht. Kein Gerede über Klimakatastrophen oder sonstige dystopische Themen – Mark Walney tüftelt, repariert, probiert aus und schafft somit, durch seine geistige Wendigkeit und seinen umwerfenden Humor, eine positive Grundstimmung. Auf den Sticks seiner Crewmitglieder findet er zwar nur alte Fernsehserien oder schreckliche Diskomusik, aber auch Agatha Christie Romane, mit denen er ganz gern seine Zeit verbringt. Walneys Erzählton ist locker leicht und vor allem gespickt mit laxen Kommentaren voller Galgenhumor, denn immerhin besteht die Gefahr, dass er verhungern könnte bevor Rettung naht.
„Wohin ich auch gehe, ich bin der Erste. Ich steige aus dem Rover und bin der erste Mensch, der diese Stelle je betreten hat. Ich steige auf einen Hügel, den noch niemand vor mit bestiegen hat. Ich trete gegen einen Stein, der sich Millionen Jahre nicht gerührt hat.“
Doch dann wechselt die Perspektive hin zu den Verantwortlichen der Marsmission auf der Erde. Die leicht frustrierte Mindy Park entdeckt bei der Überwachung der rund um den Mars stationierten Satelliten nicht Marks Leiche, sondern seine Aktivitäten an der Wohnkuppel. Kurzentschlossen weckt sie den ziemlich gebeutelten und völlig übernächtigten Dr. Kapoor, den Direktor der Marsoperation. Und nun beginnt in heller Aufregung die Rettungsaktion für den „Experten für intergalaktische Reisen“ und „König vom Mars“, wie er sich selbst bezeichnet. Als nach langen, schwierigen Aktionen dann eine Kommunikationsform zwischen Erde und Mars gefunden wird, legt sich der Hauptheld auch noch bei den Problemen mit dem Wasseraufbereiter mit den Fachleuten auf der Erde an.
„ Ich: ‚Offensichtlich ist da etwas verstopft. Wie wäre es, wenn ich das Ding zerlege und die Schläuche im Inneren überprüfe?‘ NASA ( nach fünfstündiger Beratung): ‚Nein. Sie machen bloß etwas kaputt und sterben.’Also nahm ich das Ding auseinander.“
Marks Crew wird noch nicht informiert, denn sie befindet sich immer noch auf dem nicht ganz ungefährlichen Rückweg und soll nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Letztendlich jedoch wird seine Mannschaft sich nach technisch komplizierten Vorgängen auf den Weg begeben, um den verlorenen Marsianer zu retten, dem wieder ein Staubsturm einen Strich durch die Rechnung machen könnte.
Keine Frage, Andy Weir hat einen spannenden, utopischen Roman geschrieben, der sicher eine inspirierende Lektüre für Technikfreaks ist. Dabei durchleuchtet er nicht die Psyche seiner einsamen Hauptfigur, sondern konzentriert sich auf deren Erfindungsreichtum. Mark Walney investiert all seine Kräfte, er geht Risiken ein und gibt nie auf. Dieser Unterhaltungsroman ist eine Ode an den menschlichen Überlebenswillen, an seinen Entdeckergeist und letztendlich seiner Freude am Leben, ob auf dem Mars oder auf der Erde.
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