Leon Leyson: Der Junge auf der Holzkiste – Wie Schindlers Liste mein Leben rettete, Aus dem Amerikanischen von Mirjam Pressler, S.Fischer Verlag, TB, Frankfurt a.M. 2015, 205 Seiten, €8,99, 978-3-7335-0048-1
„Es fällt mir nie leicht, zu berichten, was ich durchmachen musste, denn egal wie viele Jahre es her ist und was für eine Entfernung zwischen dort und hier liegt, versetze ich mich selbst in den Jungen, der ich einmal war.“/em>
Als Leon Leyson erfährt welche Aufmerksamkeit der Spielfilm „Schindlers Liste“ weltweit erfährt, beginnt er nach jahrelangem Schweigen, in seiner amerikanischen Wahlheimat seine eigene Lebensgeschichte zu erzählen. Sein Name, auch wenn er erst fünfzehn Jahre alt war, stand auf der Liste Schindlers und das hatte er seinem Vater zu verdanken. Aber nicht nur er wurde als Kind vom Nazi Schindler gerettet, auch seine Mutter, sein Bruder David und seine Schwester Pesza.
Leon Leyson erzählt in seinen Erinnerungen zeitlich chronologisch von seinem Leben, aber er beginnt mit einer für ihn wichtigen Begegnung. 1965 trifft er Oskar Schindler in Los Angeles und dieser erinnert sich an den schmalen Jungen, der in seiner Emaillewarenfabrik auf einer Holzkiste stehen musste, um die Maschine zu bedienen.
Geboren wurde Leon, da hieß er noch Leib Lejzon, 1929 in einem kleinen Dorf im Nordosten Polens, in Narewka.
Seine Eltern haben früh geheiratet und bekamen fünf Kinder, wobei Leon das jüngste war. Der Vater sah seine Zukunft eher in der Stadt, und so arbeitete er hart, damit die Familie ihm nach Krakau folgen konnte. Doch kurz danach stand der Zweite Weltkrieg vor der Tür und für die jüdische Familie beginnen die Jahre der Hölle. Als Leons geschickter Vater für Oskar Schindler einen Safe öffnet, wird er eingestellt. Ein Glücksmoment für die Familie, denn nun scheinen sie vor Zwangsarbeit oder Deportation sicher, glaubte die Familie damals. Immer erniedrigender werden die Demütigungen, die sich die Juden gefallen lassen müssen. Und so schreibt Leon Leyson in seinen Erinnerungen, dass sie bei den Schlägen, die sie hinnehmen müssten sich immer sagten:„ Wenn das das Schlimmste ist … Wenn es das bloß gewesen wäre.“
Aber es wird immer Schlimmer kommen – erst das Ghetto für fünfzehntausend Juden, dann die Zwangsräumung der „nichtlebenswichtigen“ Juden, Hunger, Durst, Krankheiten, Ungeziefer und die Deportation ins Lager Plaszów. Und Leon muss erleben, wie sein Bruder Tsalig deportiert wird, weil er noch nicht die richtigen Papiere hatte. Auch Herschel, der älteste Bruder, wird nicht überleben, genauso wie die Verwandten im Heimatdorf.
Völlig allein auf sich gestellt muss Leon im Lager angesichts unsäglicher Grausamkeiten durch die SS und den Kommandanten Amon Göth durchhalten bis er wieder bei seinem Vater, seinem Bruder und in Schindlers Fabrik unterkommen kann.
Der Autor beschreibt wie Schindler, die Juden haben die Nachtschichten übernommen, an den Abenden mit seinen Arbeitern spricht. Auch wenn Schindler vom Krieg profitierte, so rettete er doch mit Bestechungen und Lügen eintausendzweihundert Menschen das Leben. Bewegend ist, wie Leon Leyson schildert, wie Schindler es vermocht hat, dreihundert Frauen aus dem Todeslager Auschwitz als seine „Facharbeiterinnen“ zu holen. Leons Mutter und seine Schwester sind unter den geretteten Frauen.
Als der Krieg endlich zu Ende ist und Schindler bis zum Ende den Juden beisteht, kann Leon gar nicht fassen, das sein Leben nun beginnen könnte.
Als sich in Krakau jedoch antisemitische Hetze erneut gegen die Familie richtet, beschließen sie auszuwandern. Die Geschwister reisen nach Israel aus, Leon und seine Eltern in die USA, denn die Schwester seiner Mutter und weitere Verwandte leben in Kalifornien.
Wenn man Leon Leysons Erinnerungen liest, dann spürt man bis zum letzten Satz, wie dankbar der Autor und seine Familie Oskar Schindler ist. Es ist unfassbar, was Menschen anderen Menschen antun können und es ist unglaublich, wie Menschen unter lebensunwürdigen Bedingungen ihr Würde wahren und sich durchkämpfen. Von all dem erzählt Leon Leyson, der die Veröffentlichung seines Buches nicht mehr erleben konnte.
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