Alexa Henning von Lange: Der Atem der Angst, cbt, München 2013, 409 Seiten, €14,99, 978-3-570-16092-3
„Sie saß in der Fall. Es gab kein Entkommen. Weglaufen brachte nichts. Reden brachte nichts. Suchen erst recht nicht. Sie hatte keine Wahl. Es war alles entschieden. Seit dem Moment, als sie ans Telefon gegangen war. Als Michelle das eingesehen hatte, wurde sie ganz ruhig und klar.“
Es herrscht Aufruhr im kleinen Städten St. Golden. Wie vor sieben Jahren, auf die gleiche Weise wie damals, ist ein neunjähriges Mädchen verschwunden. Leonie, das weiß der Leser, ist in einer engen Holzkiste irgendwo im angrenzenden Wald gefangen. Isabel wurde damals tot im Wald gefunden.
Aus den verschiedenen Perspektiven der einzelnen Protagonisten erzählt Alexa Henning von Lange ihren Thriller. Heidi, die Kriminalkommissarin, gerade erst mit ihrem achtjährigen Sohn Winnie nach der Trennung nach St. Golden gezogen, fühlt sich beruflich, aber auch seelisch vollkommen überfordert. Sie kann ihren Sohn nicht schon wieder allein vor dem Fernseher parken und sie ahnt, dass dieser Fall äußerst kompliziert und zeitaufwendig werden wird. Nach und nach tragen sie und ihre Kollegen immer mehr Fakten zusammen, die darauf hinweisen, dass Leonies Verschwinden und der damalige Mord an der kleinen Isabel in einem Zusammenhang stehen. Außerdem verschwand vor gut 25 Jahren ein anderes junges Mädchen namens Birgit. Selbstmorde, sogar eines 12-jährigen Jungen fanden statt, deren Gründe nie eruiert wurden.
Und nun geschieht etwas Unglaubliches. Leonie wird im letzten Moment durch einen Spaziergänger gefunden, aber plötzlich ist ihre große Schwester Michelle verschwunden. Luis, ihr 16-jähriger Freund, er ist auch der Bruder der ermordeten Isabel, macht sich auf die Suche und trifft auf Maya, ein völlig verwahrlostes Mädchen in seinem Alter, dass offensichtlich seit sieben Jahren mit ihrem Vater in einer Waldhöhle lebt. Sie sind vor genau sieben Jahren vor den „Widerwärtigen“ geflohen.
Maya trägt Michelles Sachen, denn sie hat das erhängte Mädchen im Wald gefunden. Bereits im Fall Isabel hatte der Vater sich noch bevor sein totes Kind gefunden wurde, im Wald selbst getötet. Auch Michelle wird vom Täter zu diesem Selbstmord mit genauen Anweisungen gezwungen. Er überträgt alle Verantwortung auf die junge Frau und suggeriert ihr, dass sie mit ihrem Opfer die Schwester retten würde. Luis ist untröstlich. Er hat in den letzten sieben Jahren erleben müssen, wie seine einst so attraktive Mutter durch den Verlust des Mannes und der Tochter zu einer verbitterten Alkoholikerin wurde.
nMit Maya beginnt er nun eigene Ermittlungen aufzunehmen und entdeckt, dass seine Eltern und die Eltern von Michelle und Maya als Jugendliche zu einer Clique gehörten.
Offenbar liegt der Schlüssel für die grausamen Morde und Selbstmorde in der Vergangenheit.
Ein weiterer Hinweis ist ein Amulett, dass die Ermittler am Fuß von Leonie finden. Dieses Schmuckstück gehörte der einst verschollenen Birgit. Ihren Leichnam werden Maya und Luis finden und das Geheimnis, das so viele Familien zerstört hat, lüften.
Alexa Henning von Lange hat einen atemberaubenden rasant geschriebenen Thriller vorgelegt, dessen Geschichte jedoch schwer zu ertragen ist. Die Vorstellung, dass man sich an Kindern für aufgebürdetes Leid rächen kann, ist wirklich grausam. Wie in einem Puzzlespiel setzt sich die Geschichte aus Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Interessant ist die Figur der Kriminalkommissarin, die zwischen Beruf und Privatem, gnadenlos aufgerieben wird. Ein Problem, dass viele Autorinnen thematisieren. Von einigen Ungenauigkeiten und dem seltsamen Epilog abgesehen, überzeugt dieser spannende Krimi, vielleicht auch durch die Perspektivwechsel, die dem Leser immer einen kurzen Vorsprung ermöglichen.
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