Rhiannon Lassiter: Der 13. Gast, Aus dem Englischen von Nina Schindler, KJB, S.Fischer Verlag, Frankfurt a.Main 2013, 445 Seiten, €14,99, 978-3-596-85493-6

„Er musste gegen das unheimliche Gefühl ankämpfen, dass dieses Haus lebendig war und ein schwarzes Herz darin schlug und dunkle Wogen durch die Flure schickte, die die Menschen mit Wogen der Angst überrollten. Sie saßen in der Falle!“

Unheimlich geht es in diesem imposanten, aber doch sehr verfallenen englischen Herrenhaus der Familie Chance zu. Vor der jährlichen Eröffnung der Räume für Touristen schaffen es die Aushilfskräfte nicht, das Haus zu reinigen. Der Wintergarten setzt immer wieder all den Schmutz und die Spinnenweben an, die am Tag zuvor entfernt wurden. Das Gemüse welkt schneller im Haus, frisch gewaschene und gebügelte Wäsche verfällt wieder in den Zustand vor der Reinigung. Die unheimliche Atmosphäre überträgt sich auch auf die Menschen. Die 16-jährige Evangeline Chance beobachtet ihre nervige Verwandtschaft, wie sie am 1. April, an ihrem Geburtstag, das Haus okkupiert. Aber sie sind nicht gekommen, um Eva zu feiern, es geht um Geschäfte und das Erbe. Evas Großvater, Sir Edward, kann auch auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes das Haus nicht in Schuss halten. Ein Marketing-Gag muss her, um die Touristen anzulocken. Eine Geistertour wird beschlossen, gegen die Eva vehement protestiert. Allerdings kann sie niemand hören, denn Eva ist ein Geist. Wie sie zu Tode gekommen ist, weiß sie nicht mehr. Klar ist nur, jemand hat nachgeholfen.

Plötzlich häufen sich die Unfälle oder Mordanschläge. Evas Großvater wird niedergeschlagen, Tante Cora wird verletzt und Tante Joyce sogar während der unheilvollen Gespenstertour brutal ermordet. Alle diese Taten werden wie durch Zufall dem Erben des Anwesens, dem arroganten Felix Fairfax, in die Schuhe geschoben. Seltsam ist auch das Testament, dass Sir Edward aufsetzen ließ. Felix soll die Immobilien erben, aber Eva das bewegliche, zum Teil sehr kostbare Inventar.

Eva trifft bei ihren Erkundungen im Haus auf ein Geistermädchen, Elsie. Sie jedoch verspottet die arme Eva nur und ist nicht bereit, ihr bei der Suche nach ihrem Mörder zu helfen. Elsie war einst ein Dienstmädchen, dass von Thomas Chance vergewaltigt wurde. Ihr Sohn wurde gnadenlos in ein Waisenhaus gegeben, nachdem die Mutter verstorben war.

Die Nachfahren dieses Jungen sind die Strattons. Die Zwillinge Kyle und Kyra sind mit Eva in die Schule gegangen. Für die ehrgeizige Kyra war Eva ein Mobbingopfer bis sie Mitte März verschwand.
Wie jedes gute Gespensterhaus erwartet den Besucher im Keller eine Folterkammer und sogar eine „Hexe“, die einst einen Fluch aussprach. Doch Eva ahnt, dass nicht die übersinnlichen Kräfte der Vergangenheit an ihren Tod schuldig sind, sondern ein Mensch.
Kyle kann Eva sehen und zum ersten Mal, scheint der Junge Mitleid mit jemandem zu empfinden. Er und seine Schwester werden Eva unterstützen und sogar Felix aus der Patsche helfen.

nWer Geistergeschichten und Krimis liebt, hat mit diesem Schmöker genau das richtige Buch für gruselige Lesestunden gefunden. Atmosphärisch genau und vor allem auch sprachlich auf gutem Niveau überrascht die englische Autorin mit dem Einbruch des Grauens in der Alltagswelt. Missgunst, Gier und vor allem Skrupellosigkeit treiben nicht die Toten an, sondern die Lebenden.