Candice Fox: Crimson Lake, Aus dem australischen Englisch von Andrea O’Brien, Suhrkamp Verlag, Berlin 2017, 380 Seiten, €15,95, 978-3-518-46810-4

„ Sie funktionierte. Funktionelle Dysfunktion, wie die Psychologen es nennen. Wer konnte sich anmaßen, Amandas Geisteszustand anzuzweifeln, so lange sie sich anzog, die Zähne putzte, einkaufte und regelmäßig ihrer Arbeit nachging? Niemand konnte behaupten, sie stelle eine potenzielle Bedrohung dar. Ihre Strafe hatte sie abgesessen.“

Und doch, mit Amanda Pharrell stimmt etwas nicht. Die bunt tätowierte Frau, die nur Fahrrad fährt und gern dichtet, geht direkt auf die Leute zu, undiplomatisch fragt sie einfach ohne Distanz drauflos, ohne jegliche Einleitung. Sie scheint ein bisschen verrückt zu sein und darum wahrscheinlich auch die einzige, die dem freigesprochenen, aber nie entlasteten Edward Conkaffew, der sich Ted nennt, einen Job anbietet. Sie, die gute sechs Jahre im Knast wegen des Mordes an der jungen Lauren gesessen hat und er, der als „Kinderficker“ den Polizeidienst quittieren musste, bilden nun eine Team und arbeiten als Privatdetektive.

Immer skurriler werden die Ermittler in der Flut der Krimis, die den Markt überschwemmen. Doch diese beiden sind kaum zu schlagen, denn sie sitzen im australischen Queensland in Crimson Lake fest und kämpfen gegen den Widerstand der hiesigen Polizei um ihre Existenz. Zwei Polizisten, Lou Damford und Steven Hench, haben es besonders brutal auf Ted abgesehen. Sie durchwühlen sein Haus, verprügeln ihn und alles angeblich im Einklang mit dem Gesetz.

In Gedankenschüben erfährt der Leser, was dem vierzigjährigen, gut aussehenden Ted widerfahren ist. Seine Frau lässt sich scheiden, sein Kind darf er nicht sehen, seine berufliche Karriere ist beendet. Er hat die dünne dreizehnjährige Claire an der Bushaltestelle nur kurz etwas gefragt. Sie verschwindet danach. Als sie gefunden wird, hängt ihr Leben an einem dünnen Faden. Sie wurde vergewaltigt und gewürgt. Niemand glaubt Ted, dass er es nicht war, weder seine Kollegen, noch seine Familie. Im Prozess wird klar, dass man ihm den versuchten Mord nicht anhängen kann, obwohl viele Indizien gegen ihn sprechen. Sein Leben ist zerstört, denn auch in Crimson Lake finden die Cops heraus, wer er ist. Die Reporter verfolgen ihn, er ist Freiwild für die sogenannte Bürgerwehr.

Um vom Alkohol wegzukommen, folgt Ted dem Rat seines Anwalts und arbeitet für Amanda, die einen erfolgreichen Jugendbuchautor finden soll, Jake Skully. Nach und nach stellt sich heraus, dass dieser Autor ein Doppelleben gelebt hat, hier der seriöse Familienmensch, dort der schwule Mann, der sich in einschlägigen Kneipen herumtreibt. Sein Ring und sein Hüftknochen werden im Leib eines Krokodils gefunden. Was ist geschehen? War es Selbstmord, denn Jake litt an Depressionen und trank viel oder war es jemand aus der Szene, der sauer war, oder ein verärgerter Fan? Oder war es jemand, dem Jakes Buchthemen, immer eine Mischung aus Action und religiösen Bibelgeschichten, nicht passten?

Und Ted, als Polizist kann er einfach nicht anders, beginnt Amandas Mordgeschichte neu aufzurollen, vieles erscheint einfach nicht glaubwürdig. Die Aggressivität der beiden Polizisten gilt zwar Ted, aber irgendwie haben sie, das ahnt Ted, auch mit Amanda zu tun.

Dynamisch, temporeiche, zum Teil witzig und wiederum auch ernst, zieht diese Geschichte im weit entfernten Australien, nicht nur wegen der Krokodile und seltsamen Todesarten, den Leser sofort in seinen Bann. Zum einen ist sie gut geschrieben, zum anderen stimmen die Figuren, die nie eindimensional gezeichnet sind. Teds Schicksal berührt, Amandas Geschichte jedoch ist schwer nachzuvollziehen, klärt sich aber im Laufe der Handlung.

Keine Frage, von diesen beiden selbst ernannten Privatdetektiven will man unbedingt mehr lesen.