Christina Pertl: Wo keine Rettung naht, Ein Krimi für Sarah Peters, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2025, 334 Seite, €18,00, 978-3-455-01922-3

„Irgendetwas muss sie übersehen haben. Sarah Peters konzentriert sich auf jedes Wort, jede Formulierung, blättert vor und wieder zurück, um Einträge, Daten und Begriffe zu vergleichen. Nichts.“

Im „schönsten Gefängnis Europas“, in Wackingen – Schwanweiler ermittelt die Kriminaloberkommissarin Sarah Peters aus Konstanz ziemlich allein auf weiter Flur. Dabei sollte sie sich eigentlich nach einem tragischen Einsatz auf einem Kreuzfahrtschiff, bei dem sie ihren Kollegen Michael verloren hat, erst mal zu sich selbst finden. Belastend für die introvertierte Ermittlerin ist auch der frühe Tod ihrer Schwester und ihre Angst vor tiefem Wasser. Doch Yoga und Meditation sind nichts für die ordnungsliebende, aber auch ruppige Einundvierzigjährige, die unter Kopfschmerzen leidet, gern auch ironische Kommentare äußert, ihre Hündin Snikers liebt und momentan ihre Freundin Annemarie und deren achtjährige Tochter Leni zu Besuch hat. Das landschaftlich wunderschön gelegene Frauengefängnis hat Sarah Peters bereits vor ihrem Einsatz auf Bitte der Kriminalpsychologin Dr. Margit Marlene Martin besucht. Sie sorgt sich um ihre Freundin, Karin Westermann, die ebenfalls als Psychologin in diesem Gefängnis arbeitet und offenbar bedroht wird. Karin Westermann kann nicht verstehen, dass sich Eva Hildenbrand, eine junge Insassin und Mutter mit guten Prognosen und auf bestem Wege in die Freiheit, den Freitod gewählt hat. Die Leitung des Gefängnis verharmlost und vertuscht vieles, z.B. wenn jemand die Treppe hinunterfällt und oftmals werden Suizide ganz offiziell als Unfälle getarnt. Als Karin Westermann beim desinteressierten wie überheblichen Anstaltsleiter Hans-Peter Simon ihre Bedenken geäußert hat, wiegelt dieser wie immer ab und bezeichnet die Psychologin als zu zart besaitet. Zwei weitere Frauen haben der Psychologin angedeutet, dass sie sich äußerst unwohl fühlen und auch hier gab es dann Selbstmordversuche. Und dann, einige Tage später ist Karin Westermann tot, ermordet.
Nicht sonderlich begeistert erlaubt Polizeirat Gregor Marshall Sarah Peters die Ermittlungen. Allerdings stößt sie auf eine Mauer des Schweigens und der Ablehnung, besonders beim Justizbeamten Bastian Schrempf. Nur Johannes Meier, der ruhige Pförtner, unterstützt Sarah Peters Arbeit und die lebensfrohe und agile Beamtin Barbara Schönfeld.
Sprachlich überzeugend erzählt Christina Pertl aus der personalen Perspektive und die österreichische Autorin wählt kursive Passagen, um aus der Sicht von Insassen, z.B. Eva Hildenbrand oder der Mörderin von Karin Westermann zu berichten.
Dass Drogen auch im Frauengefängnis kursieren, ist kein Geheimnis und trotz Kontrollen floriert dieser Geschäftszweig offenbar ungebremst. Doch was haben die Frauen wirklich gesehen, was sie so in die Verzweiflung stürzte? Und wie werden sie bedroht oder erpresst, dass sie eher sterben wollen, als jemanden in Gefahr bringen? Auch Sarah Peters spürt die unheimliche Atmosphäre und trotz Einschluss der Insassen hat sie das Gefühl, dass jemand in der kleinen Wohnung, in der sie übernachtet, ein- und ausgeht. Sarah Peters entdeckt, dass Aktenvermerke verschwunden sind,
Karin Westermann eine Kamera in ihrem Raum installiert hatte und alle Frauen, die von ihren Bedenken erzählt haben, in der gleichen Firma gearbeitet haben. Immer heftiger werden die Bedrohungen gegen Sarah Peters und nach einem Brandanschlag wird auch noch Barbara Schönfeld getötet. Doch dann bekommt die Ermittlerin Hilfe von jemandem, den sie völlig falsch eingeschätzt hatte. Sarah Peters jedenfalls wird, auch wenn sie erneut Zweifel an ihrem Gespür hat, den richtigen Weg finden, um die Täter zu entlarven.
Voller Spannung, aber auch etwas zu konstruiert, entwickelt sich die temporreiche Handlung auf einen Showdown zu, aus dem Sarah Peters gesundheitlich sehr angeschlagen hervorgehen wird.
Wer die Figur der sperrigen wie unerschrockenen am Ende beförderten Ermittlerin mag, kann sich sicher auf einen neuen Fall freuen.