Catherine Cusset: Janes Roman, Aus dem Französischen von Annette Meyer-Prien, Eisele Verlag, München 2024, 379 Seiten, €16,00, 978-3-96161-190-4

„ Ihr fiel noch eine andere Besonderheit des Romans auf: Jedes Kapitel begann mit einer Rückblende auf Monate und Jahre aus Janes Leben. Diese Struktur erinnerte sie an einen Nähstich, den sie im Handarbeitsunterricht in der Grundschule gelernt hatte. … Aber was eine Naht widerstandsfähig machte, hatte im Roman eine völlig andere Wirkung. Ein in ständigen Rückblenden erzähltes Leben wirkte leblos.“

Doch hier irrt Jane Cook, die Hauptfigur, um die sich dieser Roman dreht. Es geht um die Fiktion in der Fiktion, um die vermeintlich wahrheitsgetreue wie lebendige Darstellung des Lebens einer Akademikerin, die an der amerikanischen Ostküste an einer Universität unweit von New York französische Literatur unterrichtet. Doch wie nah kommt dieses Manuskript der Realität? Und wer hat sich die Mühe gemacht, Jane Cooks Leben von der Studentenzeit bis in die Gegenwart aufzuschreiben?
Als Jane eines Tages ein Paket ohne Absender erhält, offenbart sich der Inhalt als „Janes Roman“.
Alles beginnt vor neun Jahren. Jane hat ihr Studium in Chicago beendet und findet, im Gegensatz zu ihren Kommilitonen, absolut glücklich die neue Stelle in der Universität in Old Newport. Chronologisch berichtet nun der Romanschreiber oder die Romanschreiberin von Janes ersten Erfahrungen mit Dozenten und Dozentinnen, deren Eigenheiten und mit der Einsamkeit in einer fremden Stadt. Janes Spezialgebiet sind die Romane von Gustave Flaubert, über ihn wird sie ein Buch verfassen und erfahren, wie schwierig es ist, einen Fuß in einen akademischen Verlag zu bekommen. Natürlich dreht sich der Roman auch um Janes Liebes- und Sexleben. Hatte sich Jane einst vom unentschlossenen Josh, dem ewigen Doktoranden getrennt, so nimmt sie diesen Kontakt wieder auf, was sich jedoch als keine glückliche Entscheidung herausstellen wird. Sie reist durch Europa, hat sogar mit ihrem dreißig Jahre älteren Fachbereichsleiter eine Affäre und sie lernt Eric Blackwood kennen. Als sicher fantastischen One-Night-Stand abgehakt, entdeckt Jane, dass sie schwanger ist. Sie treibt das Kind allerdings ab, da Eric keine Sekunde zögert, als sie ihn am Telefon damit konfrontiert. Jahre später wird sie ihn heiraten und wie so viele Akademiker erfahren, wie es ist, wenn man arbeitsbedingt an unterschiedlichen Orten beruflich klarkommen muss.
Immer wieder unterbricht Jane das Lesen des Manuskripts, denn sie rätselt natürlich, wer ihr so nah war, um all diese Informationen und Szenen aus ihrem Leben so detailreich aufzuschreiben.
Ist es ihre langjährige Freundin Allison, der sie alles erzählt, die allerdings drei Kinder zu versorgen hat und somit kaum Zeit fürs Schreiben hat. Ist es Josh, der Mann, dem sie kaum gutgetan hat und der sie bloßstellen will? Ist es ihr neuer französischer Kollege am Institut, der sich als unsympathisch und arrogant entpuppt hat? Wer kennt ihre Geheimnisse?
In diesem Roman im Roman durchwandert Jane alle Höhen und Tiefen im Privaten wie Beruflichen und sie wird zum Spielball ihres Instituts, ihrer Kollegen und der Verlagswelt. Ihre Männergeschichten gehen nie gut aus und sie verliert sich manchmal auch in Klischees, z.B. als sie glaubt, mit ihrer Heirat und einem günstig gekauften Haus auch endlich ein Baby bekommen zu müssen. Doch nichts erfüllt sich so, wie sie es sich erhofft.

Wird Jane am Ende herausfinden, welche Person sich so intensiv mit ihrem Leben beschäftigt hat, so bleibt natürlich die Frage offen, hat es wirklich so stattgefunden.

Sehr empfehlenswert!