Jean-Luc Bannalec: Bretonisches Vermächtnis – Kommissar Dupins achter Fall, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, 311 Seiten, €16,00, 978-3-462-05265-7
„Denn: Wenn dieses reale Verbrechen aus der Vergangenheit, in das die drei Männer aus wohlhabenden und alteingesessenen Familien Concarneaus involviert gewesen waren, wenn dieses reale Verbrechen von damals wirklich der Hintergrund für das war, was sich in den letzten Tagen ereignet hatte, wer war es dann, der hier mordete? Und warum?“
Das Pfingstwochenende steht bevor und ein wundervoller Frühsommer erwartet die Bretagne. Der koffeinabhängige Kommissar Dupin entflieht dem Kommissariat, denn hier wird renoviert. Kollege Kadeg ist sowieso in Elternzeit, Nowell hat kurzerhand Urlaub genommen und Riwal ist ebenfalls außer Reichweite.
Doch da ereignet sich, und Dupin kann es nicht fassen, in seinem mittlerweile Heimatort Concarneau ( Das Arbeitsangebot in Paris, am Ende des letzten Falls offeriert, hat Dupin zu seinem eigenen Erstaunen abgelehnt.), in dem er schon neun Jahre lebt, ein Mord. Einerseits ist er gar nicht so ärgerlich über Arbeit, denn die Schwiegereltern haben sich übers Wochenende angesagt, andererseits entpuppt sich dieser Fall als der wirklich schwierigste und spannendste, denn er in atemberaubender Rekordzeit lösen wird.
Dupin eilt zum Tatort und findet den angesehenen Arzt, Docteur Pierre Chaboseau vor. Er wurde mit Macht aus dem Fenster durch die Scheibe hindurch gestoßen. Schnell wird klar, dass Chaboseau äußerst wohlhabend war. Hängt in seinem Haus nicht nur millionenschwere Kunst, so investierte er in Schiffsfabriken, Brauereien und neuerdings angesagte traditionelle Fischkonservenfabriken. Zum Glück hat Dupins zwei neue Kolleginnen an seiner Seite, die mit Energie und Ausdauer an die Arbeit gehen. Alibis müssen überprüft, Handyverbindungen ausgelesen und Informationen eingezogen werden.
Nowell muss unbedingt ihren Dienst wieder antreten, denn ohne sie ist Dupin aufgeschmissen und Riwal, der ortskundige Ermittler, stößt auch zum Fall.
Es stellt sich heraus, dass Pierre Chaboseau gemeinsam mit dem Weinhändler Judoc Luzel und dem Apotheker Brecan Priziac Inhaber von verschiedenen Firmen war.
Der Arzt, der sich eigentlich langsam in den Ruhestand begeben wollte, stand in Verhandlungen mit mit der jungen Ärztin Evette Derrien, die die Praxis übernehmen will. Gab es hier Kontroversen? Chaboseaus unsympathische auf Standesdünkel sehr viel Wert legende Frau deutet so etwas an. Dann stimmt die Ermittler ein Telefonat skeptisch. Die Inhaberin einer kleinen Conserverie, Sieren Cléac, stand in Verhandlungen mit dem Arzt, der offenbar auch ohne seine Geschäftspartner Ankäufe tätigte. Sie teilte jedoch der Polizei mit, dass sie auf keinen Fall ihr Unternehmen verkaufen würde. Dann ereignet sich ein Anschlag mit vier Verletzten in der Schiffsfabrik, die den drei wohlhabenden Lokalgrößen gehört und kurz darauf ist auch der Weinhändler Judoc Luzel tot.
Seltsamerweise stößt Dupin immer wieder auf den Roman „Der gelbe Hund“ von Georges Simenon. Der Autor hat sich in den 1930er Jahren in Concarneau mehrmals aufgehalten. Auch in diesem Roman stehen drei wohlhabende Männer im Mittelpunkt, allerdings haben sie nicht nur einem jungen Mann extrem geschadet.
Im Laufe der dreitägigen Ermittlungen wird sich Dupin das Buch kaufen und lesen. Zu dumm, dass er immer, wenn er mal am Strand oder im Park seine Ruhe haben will, um nachzudenken, auf Claire und die Schwiegereltern stößt.
Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren und doch kommt Dupin nicht einen Schritt vorwärts. Was haben der Mord an den beiden angesehenen Investoren der Stadt und der Anschlag miteinander zu tun? Geschickt fließen wie immer kleine Wissensbrocken ein: über die bretonische Geschichte, bedeutende Bretonen, wie Jules Verne und natürlich die fantastische bretonische Küche.
( Diesen Krimi sollte man unbedingt mit vollem Magen lesen! )
Mit einem Loblied auf die pittoreske Stadt Concarneau und ihre wunderbaren Sandstrände kann sich Dupin aber nicht aufhalten, denn alle bisher Verdächtigen verschweigen so einiges und nicht mal Nowell kann einen Haftbefehl gegen den Apotheker, den Dupin im Verdacht hat, erwirken. Dupin glaubt, es geht um geschäftliche Rivalitäten und Kugeleien, z.B. mit dem engagierten jungen Bürgermeister, ob nun bei den gekauften Brauereien oder anderen Aktivitäten, denn die drei Geschäftspartner waren freundschaftlich doch nicht so eng verbunden wie der Apotheker behauptete.
Dass alles doch ganz anders ist, erkennt Dupin während der akribischen Auswahl der Vorspeisen bei einem kurzen Treffen mit der Familie. Ohne einen Bissen im Magen beginnt für le Commissaire der Countdown und der wird es in sich haben.
Absolut spannend liest sich dieser Roman, auch als eine Verbeugung vor dem Altmeister der Kriminalliteratur, Georges Simenon.
Und da Jörg Bong ( Pseudonym: Jean-Luc Bannalec ) in diesem Jahr alle Ämter beim Fischer Verlag aufgegeben hat, freuen sich alle Fans bereits auf neue Romane aus der Bretagne mit und ohne Kommissar Dupin.