Nele Neuhaus: Böser Wolf, Ullstein Verlag, Berlin 2012, 475 Seiten, €20,60, 978-3-550-08016-6

„Das ist ja widerlich“, sagte Pia. „Immer, wenn ich denke, ich habe schon alles gesehen, dann kommt etwas, was alles bisher Dagewesene toppt. Die Frau wurde wirklich beim Sterben beobachtet.“

Nele Neuhaus begann Krimis zu schreiben, weil sie menschliche Abgründe faszinieren. In ihrem neuen Roman finden sich davon allzu, vielleicht sogar zu viele. „Böser Wolf“ ist kein Buch für sensible Gemüter, hier wird gnadenlos gequält, ob es sich nun um wehrlose Kinder oder sensationsgeile Erwachsene handelt.

Wieder im Taunus spielend ermitteln wie gewohnt die Kommissare Kirchhoff und Bodenstein. Jeder hat sein privates Päckchen zu tragen und die Normalität dieser Probleme und Konflikte, auch wenn es dabei um Scheidungsstreitigkeiten oder ein nerviges Enkelkind geht, lockern die Handlung zum Glück leicht auf.

Aus allen möglichen Richtungen beginnt die Geschichte und nach und nach setzt sich eine schlüssige Handlung zusammen.

Da wird eine geschundene Leiche eines 15- oder 16-jährigen Mädchens aus dem Wasser gezogen, ein angeblicher Kinderschänder mit Gefängnisvergangenheit gibt juristische Ratschläge gegen geringes Honorar und wird verdächtigt, eine bekannte Moderatorin des Privatfernsehens wird bei ihren sensationsheischenden Praktiken entlarvt, später grausig gefoltert. Ein ehrenwerter Senior wird für seine selbstlose Hilfe für Waisenkinder geehrt und Emma Finkbeiner, eine Freundin von Pia erzählt von den Schwierigkeiten mit ihrer vierjährigen Tochter, die sich so seltsam verhält und von einem bösen Wolf berichtet und offenbar sexuell missbraucht wurde. Hat Florian Finkbeiner, ein undurchsichtiger Charakter und der Ehemann, hier seine Finger im Spiel?

Jeder Krimileser weiß, alles hat mit allem zu tun und wird auch nicht vor den ehrenwerten höchsten Kreisen der Gesellschaft Halt machen. Immerhin wirft ein eifriger, junger Staatsanwalt den Kriminalkommissaren Knüppel zwischen die Beine, was Pia Kirchhoff erst recht misstrauisch stimmt.

Wie nun alles mit allem zusammenhängt, das wird sich in einem heftigen, wie schmerzvollen Showdown herausstellen.

Der Leser ist, wenn es um die Informationen über die einzelnen Personen geht, den Kriminalbeamten immer um einen Schritt und eine Ahnung voraus. Vieles scheint überkonstruiert, doch wie der Verbindungsknoten zwischen all den Figuren und grausigen Geschehnissen letztendlich gelöst wird, überrascht und schockiert.