Bella Mackie: What a way to go, Aus dem Englischen von Sylvia Bieker, Bernhard Kleinschmidt, Henriette Zeltner-Shane, Heyne Verlag, München 2024, 448 Seiten, €24,00, 978-3-453-27521-8

„Bald würden die Konten eingefroren werden und Livs Kreditkarte würde nicht länger funktionieren. Ich betete ( nicht zu Gott, den gibt es nicht, sondern überall nur beamtenmäßige mittlere Funktionskräfte ), dass ich das noch mitbekommen durfte. Das war die einzige Freude, an der ich mich festhalten konnte.“

Der charismatische und weltgewandte Anthony Wistern, der Ehemann von Liv, hat gerade seinen sechzigsten Geburtstag in Oxfordshire gefeiert und ist genau an diesem Tag auf dubiose Weise ums Leben gekommen. Im Zwischenreich als Untoter kann er nun dabei zusehen, wie seine Familie, seine immer leicht zickige und unterkühlte Ehefrau, seine junge Assistentin und Geliebte, seine Kinder und Geschäftspartner auf den Verlust reagieren. Anthony Wistern ist zu dem Zeitpunkt noch ein bekannter und steinreicher Londoner Investmentbanker und Besitzer einer privaten Kunstsammlung. Als der Unfall geschieht, davon geht die Polizei aus, ist Anthony angetrunken und mit Drogen zugedröhnt. Am Teich im Anwesen fällt er unglücklich auf eine herausragende Metallstange.
Bella Mackie lässt drei Protagonisten erzählen, zum einen ist es Anthony aus dem Jenseits, Olivia, auch genannt Liv und eine zu Beginn namenlose Frau, die zu gern mit ihrem Youtube-Kanal und diesem angeblichen Kriminalfall berühmt werden will.
Anthonys und Olivias vier Kinder, Fred, Lyra, Jemima und Carla halten sich nicht lang mit der Trauer auf, sie wollen wissen, was und wie viel sie erben. Nach und nach jedoch wird deutlich, dass Anthony Wistern, der sich offensichtlich schnell langweilte, ein Betrüger war. Nur durch ein Schneeballprinzip konnte er seine Geschäfte noch am Laufen halten. Olivia, die sich immer zu Höherem berufen fühlt, ist ihm auf die Schliche gekommen und hat vorsorglich mit ihrem Bruder, dem Anwalt Charles Holdwood Geld beiseite geschafft. Sie wollte sich auch nach dem Geburtstagsfest, das sie so prachtvoll ausgestattet hat, von ihrem Mann trennen.
Bei allen Befragungen, ob nun durch die Polizei, die aufdringliche Youtuberin, Jade Evans, oder in den Gesprächen der Familienmitglieder untereinander, wird klar, alle lügen.
Da sich die Wisterns für etwas absolut Besonderes halten und weder Fred noch Lyra oder Jemima oder Carla jemals richtig gearbeitet haben, platzt nun die Bombe bei der Testamentseröffnung. Jedes Kind sollte bei seinem dreißigsten Geburtstag aus einem Fond Geld erhalten. Doch nun sind alle Fonds leer und durch den Betrug des toten Ehemannes verliert die Familie fast alle Vermögenswerte, Immobilien, Gemälde bekannter Künstler und vor allem das Vertrauen der Londoner Highsociety. Die Presse ist ihnen auf den Fersen und die angeblichen Freundinnen und Freunde tauchen ab.
Anthony kann das Zwischenreich für eine Weiterreise erst verlassen, wenn man herausfinden kann, woran er gestorben ist. Alle vermuten insgeheim, dass er ermordet wurde. Vielleicht von seinem Geschäftspartner, der bei ihm kurz vorher gesehen wurde, vielleicht von der erbosten Olivia, die ihn nach so vielen Jahren Ehe einfach nur noch hasste oder von einem geprellten Geldgeber.
Als dann Olivia ebenfalls im Zwischenreich, sie wurde ganz eindeutig ermordet, als Untote landet, könnte sie Licht ins Dunkel bringen.
Nichts ist so aufregend, wie der tiefe, dramatische Fall der Schönen und Reichen. Hat bereits Woody Allen in seinem erfolgreichen Spielfilm „Blue Jasmine“ davon erzählt, so greift Bella Mackie ebenfalls dieses Motiv des Betrugs im Geschäft und in der Ehe auf. Interessant bei ihrer Geschichte ist der gnadenlose wie sarkastische Blick des Ehepaares Anthony und Olivia auf ihre Kinder, die mit sehr viel Selbstbewusstsein und Arroganz ausgestattet wurden, aber nicht die Spur von Empathie fühlen. Jeder und jede ist nur auf Vorteile bedacht und ein geruhsames Leben ohne Geldsorgen. Auch die nach Aufmerksamkeit und Klicks gierende Youtuberin ist alles andere als angenehm. Mit dem Unglück der Mitmenschen Geld zu verdienen, ist heute keine Schande.

Spannende Lektüre und ein Blick in die Gesellschaft, in der wirklich alle Figuren unsympathisch sind.