Ilsa J. Bick: Ashes, Brennendes Herz, Aus dem Englischen von R. A. Weiß, Gerlinde Schermer-Rauwolf und Sonja Schuhmacher, INK Egmont, 502 Seiten, €19,99, 978-3-86396-005-6

„So schlimm die Dinge lagen, sie glaubte, dass es noch viel ärger kommen würde.“

Der Titel des seitenstarken Jugendbuches sowie der Klappentext und das einfallslose Cover mit dem üblichen, wohlgeformten Mädchengesicht suggerieren der Leserin, welcher Leser würde hier zugreifen, dass eine erneute Liebesschmonzette auf dem wohl gesättigten Fantasymarkt erscheint. Doch weit gefehlt. Ilsa J. Bick, Kinder- und Jugendpsychiaterin und ehemalige Air-Force-Majorin, überrascht mit einer spannenden, ziemlich gewaltsamen Zukunfts- wie Fantasyidee jenseits jeglicher Plattitüden, die zu oft gerade bei Debütromanen abgespult werden.

Alexandra hat es hart getroffen. Mit ihren 17 Jahren kämpft die Waise gegen einen Tumor im Gehirn, ihrem Monster. Sie hat wenige Erinnerungen an die Vergangenheit, an ihre Eltern, keinen Geschmacks- und Geruchssinn mehr und ist fast am Ende ihrer Kräfte. Alex zieht sich, auch um Klarheit über ihre offensichtlich kurze Zukunft zu haben, in die Wälder des Waucamaw- Nationalsparks zurück.

Hier überrascht sie als sie fremde Wanderer, Jack und seine achtjährige Enkelin Ellie trifft, eine seltsame Druckwelle, die alles Elektronische außer Kraft setzt. Später wird sie sich aus unterschiedlichen Quellen zusammenreimen, dass es ein riesiger Kurzschluss war, ein elektomagnetischer Impuls, der die Menschheit an den Rand ihrer Existenz bringen wird.

Tote Vögel fallen vom Himmel, sehr junge und sehr alte Menschen werden diesen Crash überleben. Es stellt sich jedoch heraus, dass gerade Jugendliche sofort oder Tage später sich in Ungeheuer, in Zombies verwandeln und nach Menschenfleisch gieren. Doch warum ergreift diese Verwandlung nicht Alex?

Das verunsicherte Mädchen greift sich die widerspenstige Ellie und versucht, das nächste Rangerquartier zu erreichen. Bei einem Angriff von Zombies trifft sie auf Tom, einen Afghanistan – Kämpfer, der nicht in ein menschenfressendes Ungeheuer mutiert.

Zu dritt zieht die kleine Schicksalsgemeinschaft auf der Suche nach Essen und einem Quartier weiter. Alex bemerkt, dass sie wieder riechen kann und das ausgesprochen fein und detailliert. Als könnte sie die Gefühle und Gedanken ihres Gegenüber erspüren. Langsam wird den Jugendlichen klar, dass die Vergangenheit zu Asche verfallen ist. Immer wieder sehen die drei Leichen in den unterschiedlichsten Verwesungszuständen, treffen auf verwandelte Zombies, die angreifen.

Aus der Wirklichkeit gefallen und in einem Alptraum gelandet dreht sich alles nur noch um Überlebensstrategien, aber auch um die Wahrung des Menschseins. Tom plant mit Ellie und Alex, in den Norden trotz anstehendem Winter zu gehen. Alle anderen werden in den Süden ziehen. Er macht einen kleinen LKW flott, sie horten Lebensmittel, bewaffnen sich und werden von marodierenden ebenfalls gut bewaffneten Alten bedroht und ausgenommen. Das Prinzip fressen oder gefressen werden greift bereits nach wenigen Wochen. Und die Alten nehmen Ellie mit, denn ein Kind, das hat sich herumgesprochen, ist die Eintrittskarte in Lager, die die Regierung oder Armee angeblich errichtet haben.

Tom ist beim Angriff der Alten verletzt worden. Alex, die Tom auf ihre Weise sehr mag, sucht in ihrer Verzweiflung nach Hilfe und gerät in einen Mob von Alten, die Angst vor Jugendlichen und ihrer möglichen Verwandlung haben. Allerdings, und auch das verwundert, Alex stehen hier die Hunde zur Seite, die sie wie eine Gefährtin behandeln. Das Mädchen gerät im nächsten Ort Rule in ein festungsartiges Lager. Hier erhört man sie und versucht zu helfen. Doch Tom ist verschwunden. Im Lager, das von einem Geistlichen angeführt wird, gelten eigene, auch religiös fundierte Regeln. Plötzlich ist klar, dass die Jugendlichen wie eine vorm aussterben bedrohte Spezies behandelt und festgehalten werden. Alex sucht einen Fluchtweg, denn sie will unbedingt Ellie und vor allem Tom in der Hoffnung suchen, dass sie noch leben. Ilsa J.Bick entwirft in ihrem auch literarisch gut geschriebenen Roman ein mögliches Zukunftsszenario mit starken, psychologisch überzeugend handelnden Figuren, das in sich logisch wirkt. Irgendjemand hat einen kapitalen Fehler begangen und nun muss die Menschheit mit dem Zusammenbruch der einst hochtechnisierten Zivilisation klar kommen. Jugendliche sind nicht mehr nur Spielball paranormaler Wesen, sondern auf sich zurückgeworfen, auf eigene Fähigkeiten und Erfahrungen. Zwar fehlen Fantasyelemente wie die bedrohlichen Zombies nicht, aber durch ihren Auftritt gewinnt die Geschichte an gruseliger Spannung und Nervenkitzel. Keine schwülstige Liebesstory mit „brennenden Herzen“ bestimmt den Handlungsverlauf, sondern Alex Wiedergeburt und das neue Leben, dass die junge Frau unter diesen alptraumhaften Bedingungen für sich entdecken wird. Fortsetzung folgt! Hoffentlich bald!‘