Anette Hinrichs: Nordlicht – Das kalte Grab, Blanvalet Verlag, München 2024, 432 Seiten, €13,00,
978-3-7341-1208-9

„Rasmus spürte ein bekanntes Kribbeln in der Magengegend. Sie waren auf der richtigen Spur. Dessen war er sich vollkommen sicher. Doch was war damals in Hederup vorgefallen, das über vierzig Jahre später zum Tod von drei Menschen geführt hatte?“

Weihnachten ist vorbei und alle haben das neue Jahr in Norddeutschland und Dänemark begrüßt. Weder der Ermittler Rasmus Nyborg aus Südjütland, noch Kommissarin Vibecke Boisen aus Flensburg sind auf einen großen Fall erpicht. Doch leider kommt alles ganz anders. Auf der dänischen Insel Als wurde in ihrem neuen Zuhause ein deutsches Ehepaar auf grausame Weise ermordet. Luise und Konrad Dahlmann, er ein bekannter, wie skrupelloser Hamburger Immobilienhai und Bauunternehmer, wurden beide mit einem Hammer erschlagen und an die Heizung mit einem Kabelbinder gefesselt. Zeitgleich verschwindet ihr Luxuswagen, den zwei Männer aus dem Ort nach Polen verscherbeln wollen. Die übliche Polizeiarbeit auf der deutschen wie dänischen Seite beginnt. Wäre da nicht noch eine zweite Erzählebene, die im eiskalten, wie schneereichen Winter 1978 / 79 spielt, würde jeder sofort darauf wetten, dass Konrad Dahlmann und seine Frau Opfer eines oder mehrerer verärgerter Mieter geworden ist, die von dem cholerischen und zu Wutausbrüchen neigenden Geschäftsmann mit Prozessen oder auch Gewalt aus ihren Wohnungen gedrängt wurden. Zum Kreis der Verdächtigen gehören aber auch die Kinder der Dahlmanns, deren Verhältnis zu den Eltern angespannt war.
Anette Hinrichs lässt auch Mirjam Dahlmann, die Tochter, zu Wort kommen. Sie wird den Großteil des Vermögens erben und ihrem Bruder Thomas, der sich verschuldet hat, wird nur ein Anteil ausgezahlt. Und dann ist da noch Ulrich Dahlmann, der mit seinem Bruder um das Elternhaus stritt. Fragen wirft auch der Hauskauf der Dahlmanns in Dänemark auf. Die Autorin lässt einfließen, wie schwer es ist, als Ausländer überhaupt Grund und Boden in Dänemark zu erwerben. Weiterhin reagieren die älteren Einwohner äußerst aggressiv darauf, dass eine deutsche Polizistin sie befragen darf. Alle wissen, dass Konrad Dahlmann das Haus einer alten Frau zu einem lächerlichen Preis abgeluchst hat, die nun im Altersheim sitzt und den Kauf rückgängig machen wollte. Und dann stellt sich noch heraus, dass Dahlmann noch weitere Grundstücke kaufen will, um am Strand, auch hier müssen diverse Genehmigungen eingeholt werden, eine Feriensiedlung zu bauen.
Mit all diesen Informationen und der Tatsache, dass laut Ergebnissen der Pathologie, die Aggressionen des Täters oder der Täterin eher Luise Dahlmann galten, ermitteln Rasmus und Vibecke mit ihren Kollegen im ebenfalls kalten Winter. Und dann kommt noch einer der jungen Diebe des Dahlmann Autos ums Leben.
Und wie immer tragen Rasmus und Vibecke, die sich gut aufeinander verlassen können, ihre privaten Probleme mit sich herum. Beide wissen um die dunklen Schatten im jeweils anderen Leben und das sorgt für Nähe und Vertrauen.

Wie immer liefert Anette Hinrichs einen überzeugenden, atmosphärisch dicht erzählten Krimi-Plot ab und verbindet gekonnt Ereignisse in Deutschland und Dänemark. Ihre Ermittler bleiben auch im sechsten Band interessante Figuren und fast bis zum Ende rätseln die Lesenden, was nun wirklich auf der idyllischen Insel geschehen sein könnte.

Absolut spannend!

Weitere Besprechungen der „Nordlicht“ – Reihe sind in diesem Literaturblog zu finden!