Christine Nöstlinger: Als mein Vater die Mutter der Anna Lachs heiraten wollte, Oetinger Verlag, Hamburg 2013, 176 Seiten, €12,95, 978-3-7891-4337-3
„Gegen die Erwachsenen kannst du nichts tun, da bist du machtlos! Sie gehen nach Saudi-Arabien, verkaufen Häuser, vergiften Hunde, ziehen in eine andere Stadt um, wollen eine Patchwork-Familie gründen – und alles, ohne dich zu fragen.“
Cornelius, alle in der Klasse nennen ihn Stummel, ist ein netter Kerl und so ist er auch bereit, auf die Bitte seines Vaters einzugehen, und sich um das Kind seiner neuen Kollegin zu kümmern. Anna Lachs heißt sie, kommt aus Salzburg und ist die Neue in seiner Klasse. Aber die pummelige Anna reagiert auf seine freundliche Begrüßung ablehnend und wirklich bösartig. Okay, Cornelius hat sein bestes getan, er ist mit Anna fertig, glaubt er. Doch er ahnt nicht, dass die Mutter von Anna Lachs eine Beziehung mit seinem Vater hat und extra von Salzburg nach Wien gezogen ist, um hier eine neue Familie zu gründen, mit ihm.
All diese Neuigkeiten berichtet nicht der Vater seinem Sohn, sondern Cornelius bekommt es brühwarm von seiner Klassenkameradin Laura erzählt, die ihn jeden Morgen abholt und irgendwie doch in Stummel verknallt ist. Lauras Mutter ist von früher her mit Annas Mutter befreundet. Annas Mutter ist völlig hilflos, denn ihre sture, bockige und unbelehrbare Tochter ist stinksauer. Sie musste ihren Hund an die fiesen Cousins abgeben und das Haus, in dem sie groß geworden ist, wurde verkauft. Anna stemmt sich vehement gegen die Vorstellung, dass sie in Wien wohnen soll, sie geht nicht in die Schule und wenn sie gezwungenermaßen doch im Klassenzimmer sitzt, dann sagt sie kein Wort, obwohl sie laut Zeugnissen eine gute Schülerin war.
Stummel sagt seinem Vater, mit dem er eigentlich nach der Scheidung von der Mutter immer gut klar kam (mit der Mutter, die als Fotografin arbeitet aber auch), was er weiß. Um gut Wetter bittend, versucht der Vater nun Cornelius die neue Lage schmackhaft zu machen. Der Junge, der in einem großen Haus wohnt, hat jedoch nicht die geringste Lust mit diesem unausstehlichen Pummel Anna die Zimmer zu teilen. Und eine neue Mutter ist schon gar nicht von Nöten.
Das erste erzwungene Wochenende der künftigen Patchwork-Familie geht dann auch total schief, denn Cornelius verhält sich wie Anna stur und unmöglich.
Nichts funktioniert und die Erwachsenen können die Gemeinschaft der Kinder nicht erzwingen.
Anna hat sowieso die Nase voll. Sie will zurück nach Salzburg.
In der Not tun sich die Kinder zusammen, denn Stummel hat gemerkt, dass Pummel Anna eigentlich richtig nett sein kann und außerdem fühlt Cornelius mit Anna mit, die so vieles aufgeben musste. Beide planen nun Annas Flucht, allerdings im tiefsten kalten Winter. Erstmal soll sie heimlich im Sommerhäuschen von Frau Ziehmt, sie macht den Haushalt bei Cornelius, unterkommen.
Die Ausreiß-Aktion Annas wird zur Nagelprobe für die Beziehung zwischen Cornelius‘ Vater und seiner künftigen Frau. Und den beiden wird klar, sie passen gar nicht zueinander.
Letztendlich verkrachen sich alle. Und Anna setzt sich gemütlich mit ihrem Spargeld in den Zug und reist durch die Gegend, denn in der Hütte war es einfach zu kalt.
Ende der Geschichte – aus der Patchwork-Familie wird nichts, aber Anna und Stummel werden Freunde. Nun wiederum ist Laura sauer, denn eigentlich ist sie doch die Freundin von Stummel.
Wie immer ist Christine Nöstlinger auf der Seite der Kinder, Cornelius ist auch der Ich-Erzähler, und unterstützt in ihrem neuen Buch die verzweifelte Anna, die unangepasst keine Lust hat, das Leben ihrer Mutter ohne Wenn und Aber zu führen. Im Laufe der turbulenten Handlung wird Anna immer sympathischer, denn der Leser versteht ihre und Cornelius‘ Situation. Fragt sich auch, warum die beiden konfliktscheuen Elternteile nie ein Wort mit ihren Kindern geredet haben und sie einfach vor vollendete Tatsachen stellen wollten. Durch diese Hauruck-Aktion hat niemand eine reale Chance den anderen wirklich kennenzulernen und die Sache ist eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Wenn man sich die Austriazismen, die bei der Wienerin Christine Nöstlinger einfach dazu gehören, gewöhnt hat, dann liest sich diese Alltagsgeschichte ganz wunderbar lebensnah.
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