Sarah Moore Fitzgerald: All die verborgenen Dinge, Aus dem Englischen von Adelheid Zöfel, KJB, S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2017, 234 Seiten, €14,99, 978-3-7373-5197-3
„Er ging mir ständig durch den Kopf. Der Junge, der im Wohnwagen lebte. Der Junge mit den Pferden. Der Junge, der um Mitternacht ein großes Feuer machte und auf einem Autoreifen über den Fluss schwang, vor und zurück, und dabei laute, unverständliche Schreie ausstieß. Dieser Junge, von dem alle sagten, er tauge nichts.“
Ned Buckley ist ein Junge, der selten in die Schule kommt und irgendwie auf alle abweisend, ja fast arrogant und trotzdem anziehend wirkt. Nur Brendan Kirby, der Tratschkönig der Klasse, redet schlecht über den geheimnisvollen Jungen, der Minty ständig durch den Kopf geht. Sie ist die Erzählerin dieser Geschichte, die in Irland spielt.
Minty ahnt nicht, dass Ned mit seiner Großmutter in einem Wohnwagen am reißenden Strom, dem sogenannten Nettlebog lebt. Hier sind seine Pferde untergebracht, mit denen er im Ort allerdings für Unruhe gesorgt hat. Zum verbotenen Strom zieht es auch Minty, die von ihren Eltern vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Natürlich hat sie bemerkt, dass ihre Eltern ständig Zoff haben und es nicht mal in einem Raum miteinander aushalten. Als Mintys Vater dann nach ihrem Geburtstag auszieht, eskaliert nicht nur der Streit zwischen den Eltern, Minty fühlt sich auch von ihrer Mum und ihrem Dad behandelt wie ein Kleinkind. Ihre Mutter flieht in hektischen Aktionismus, wird Veganerin und spielt ihr vor, dass sie jetzt so richtig glücklich ist und ihr Vater lädt sie als Blumenmädchen zu seiner übereilten Hochzeit mit der ziemlich jungen, blonden Lindy ein. Minty schweigt zu allem und doch kocht sie innerlich. Als sie jedoch Neds Großmutter trifft und sich bei ihr ausweinen kann, wird ihr Blick klarer. Und dann lernt sie endlich den wahren Ned kennen und bemerkt, dass der Junge weder verschlossen noch arrogant ist. Ned trainiert hart für das Ballyross-Rennen und er hat ein Geheimnis, er kann nicht lesen. Minty hilft Ned nun bei den Schularbeiten und er lässt sie mit Phoebe reiten und etwas entdecken, was sie nie vermutet hätte.
„Ich konnte Phoebe reiten; ich wusste, wie sie sich bewegte und worauf sie reagierte; und ich bekam ein Gespür für ihren Mut und wie ich diesen Mut an die Oberfläche holen konnte – Gran war der festen Überzeugung, dass ich ein Pferdemensch bin, eine geborene Reiterin.“
Durch die Freundschaft zu Ned verändert sich für Minty vieles. Sie wagt es endlich, ihren Eltern klar zu sagen, was sie denkt und sie bemerkt, die aufgesetzte Feindschaft gegen den Außenseiter Ned, der die anderen in der Klasse, aber auch die Erwachsenen, mit seiner ungestümen, manchmal auch gesetzlosen Art verunsichert. Sie weiß, dass Ned nicht kriminell ist und seine temperamentvolle Lehrerin Serena Serralunga aus Siena weiß das auch, allerdings wird es sie die Stellung kosten.
Vielleicht hätte man auf die Gegenüberstellung von italienischem Freigeist und Traditionsbewusstsein gegen irländische Engstirnigkeit und Provinzialismus verzichten können. Aber gut, die Freundschaftsgeschichte, in der es um Mut, Selbstbewusstsein, aber auch Ziele im Leben und Offenheit geht, liest sich ganz wunderbar und bereichert jeden jungen Leser sicher. Und, keine Frage, dies ist ein Buch für Pferdefans und die, die es noch werden wollen.
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