Peter Dickinson, Daniela Chudzinski (Ill.): Abschied von Opa, Aus dem Englischen von Henning Ahrens, Carlsen Verlag, Hamburg 2012, 171 Seiten, €12,90, 978-3-551-55416-1

„Aber wenn Opa nicht mehr lebte…. Er war jetzt vierundsiebzig … Eines Tages musste er sterben … Diesen Gedanken fand Gavin unerträglich.“

Der britische Autor Peter Dickinson erzählt, der Buchtitel verrät es bereits, von einem traurigen Abschied. Der 11-jährige Gavin und sein Opa sind dicke Freunde. Opa Robbie kümmert sich um den Jungen, denn alle anderen in der Familie Robinson arbeiten ganztags. Mit Opa geht Gavin zum Hafen, er erzählt die Geschichte von den Selkies, der Verbindung von Seehund und Mensch und er baut mit dem Enkel Boote. Gavin versteht sich mit dem Großvater besser als mit der pausenlos redenden und nie zuhörenden Oma und sogar besser, aber das kann er nur leise denken, mit Mama und Papa.

Aber dann von einer Sekunde zur nächsten verändert sich Gavins Leben. Opa Robbie erleidet einen Schlaganfall und fällt ins Koma. Jeden Tag will Gavin nun ins Krankenhaus fahren, um dem Opa nah zu sein. Gavins Mutter organisiert eine Mitfahrgelegenheit für den Jungen ins Aberdeen Krankenhaus. Gavin beteiligt sich an den physiotherapeutischen Maßnahmen, denn er ist fest der Meinung, der Opa hätte kurzzeitig seine Hand gedrückt. Gavin glaubt, wenn er mit dem Opa allein ist, dann kann er auch zu ihm vordringen. Und Gavin arbeitet am Modellboot, dass der Opa eigentlich Gavin zum Geburtstag schenken wollte.
Die Gedanken des Jungen kreisen nur noch um den kranken Großvater; eine maßlose Überforderung, zu dem Schluss gelangen die Familienmitglieder und vor allem die Physiotherapeutin Lena als Gavin ihm Krankenhaus ohnmächtig wird. Der erschöpfte Junge nimmt die Verantwortung für den Opa auf seine schmalen Schultern und ahnt doch, wie hilflos er eigentlich ist.
In der Hoffnung für den Opa alles zu tun, opfert Gavin das Boot, dass der Opa für ihn gebaut und das er fertiggestellt hat. Er bringt sein Boot, er hat es Selkie getauft, in aller Frühe ans Meer und erbittet Hilfe. Opa Robbie soll wieder zu ihm zurückkehren.

Sensibel, etwas mystisch angehaucht, erzählt der bekannte englische Autor Peter Dickinson von langsamen Abschied zwischen Großvater und Enkel. Nach und nach muss Gavin erkennen, dass er den Opa gehen lassen muss, wenn es soweit ist. In einer Verquickung von Einbildung, Traum und Fantasie dringt er einmal zum Opa vor, spricht mit ihm und gewinnt eine tröstende Erkenntnis:„Er hatte zwar gewusst, dass das Leben eines Menschen endlich war, aber er hatte dieses Wissen nie wirklich verinnerlicht oder verstanden, und er hatte nicht glauben wollen, dass es auch jenen so ergehen würde, die er liebte, … . Nun wusste er es.“

Gavin kann innerlich jederzeit zum Opa zurückkehren, denn alles was sie verbindet, trägt er in seinem Inneren. Er muss es einfach nur abrufen.

Niemand weiß, was geschehen wird. Möglich, dass der Opa wieder zu sich kommt, sich erholt und weiterlebt. Möglich, dass das nicht eintreten wird.

Das offene Ende ist eine gute Wahl, denn wichtig an dieser Geschichte ist die innere Gedankenwelt des Jungen, der sich zu früh mit dem Abschiednehmen, zum größten Teil auf sich allein gestellt, auseinandersetzen muss und über sich hinauswächst.