Emmy Abrahamson: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt, Aus dem Schwedischen von Anu Stohner, Deutscher Taschenbuch Verlag Reihe Hanser, München 2013, 215 Seiten, €12,95, 978-3-423-62548-7
„ Mutter hat die schlechte Angewohnheit, grundsätzlich entweder ihre Meinung zu sagen oder das, was sie für die einzig richtige Wahrheit hält, auch dann, wenn niemand sie danach fragt.“
Es gibt Zeiten, in denen Mädchen in die Teenagerphase gleiten, wo Mütter einfach nur stören. Egal, ob gut gemeint oder berechnend, alles was sie sagen, vorschlagen oder empfehlen, ist falsch. Viel schlimmer sind jedoch die Mütter, die gar nicht bemerken, dass sie sich mal etwas zurückhalten könnten mit ihren klugen Lebensweisheiten.
Die 15-jährige Alicja kann davon ein Lied singen. Hinzu kommt noch, dass ihre Mutter auch noch aus dem Rahmen fällt, da sie zwar in Schweden lebt, sich aber immer noch so benimmt, als sei sie gerademal, aus Polen ausgereist. Nichts scheint ihren Lebensstil, der Vater glänzt durch Abwesenheit auf Studienreisen, verändern zu können.„Polen können nicht ohne hartgekochte Eier reisen, ein Zwang, dessen genetische Ursache die Wissenschaft noch ergründen wird, dessen bin ich mir hundertprozentig sicher.“
Die Geschichte spielt im Jahr 1989 als Papst Johannes Paul II. Skandinavien besucht, Alicja hört noch Kassetten und die Mutter kocht wie immer ihr Essen tot, der Schimmel wird von allen Lebensmitteln, egal ob es bereits Beine hat und laufen kann, abgekratzt und illegale Geschäfte auf den Fähren oder mit Leuten, die bei der Polizei waren und für die die Mutter gedolmetscht hat, abgewickelt, denn Wodka ist in Schweden einfach zu teuer.
Alicja ist mit ihrer polnischen Familie, der abwesende Vater ist Schwede, von Stockholm nach Ystad gezogen. Die Sommerferien stehen vor der Tür und Alicjas Mutter, die sieben Schwestern hat, mit denen auch alles beredet werden muss, hat eine Kette rauchende Cousine entfernten Grades und ihre unleidliche Tochter, Celestyna, die Miss Piggy ähnelt und ständig Heimweg hat, nach Schweden geholt. Die undankbare Verwandtschaft okkupiert Alicjas Sachen, klaut was nicht niet- und nagelfest ist und begibt sich eher auf Männerfang als auf Arbeitssuche.
Alicja gerät zwischen alle Stühle, bis sie auch noch bemerkt, dass sich der angehimmelte Schwarm, Ola Olsson, ihrer Freundin Natalie offenbar in sie verliebt hat.
Aber ehe das geklärt ist, wird Alicja verhaftet und soll für die abartigen Annäherungsversuche ihrer Verwandten Celestyna an Ola auch noch Strafe zahlen.
In all diesem heillosen Chaos muss Alicja immer wieder für die halbseidenen Geschäfte der Mutter den Kopf hinhalten. So verfrachtet die Mutter bei der letzten, gemeinsamen Polenreise nach Gdynia nicht nur die übrigen Sachen der neuen Verwandten ins Auto, sondern nimmt auch gleich noch zwei illegale Handwerker mit.\r\nDa diese ziemlich unfähig beim Umbau von Küche und Bad sind, darf sich Alicja für das Elektrizitätswerk ständig neue Ausreden einfallen lassen, warum wieder ein Stromkabel durchschnitten wurde.
Alicja kann sich gegen ihre quirlige und eigentlich sympathische Mutter nicht durchsetzen. Dabei wünscht sich das Mädchen nichts anderes als eine normale schwedische Familie und in den schlimmsten Augenblicken auch eine schwedische Mutter.
Um ihr Leben in Regeln festzuhalten, formuliert Alicja diese zähneknirschend mehrmals im Buch. Hier eine Kostprobe:# 243 Akzeptiere, dass man nichts wegwerfen darf. Niemals, Dies gilt vor allem für rostige Haken, kaputte Toaster, Schuhe ohne Sohlen, das Wachs geschmolzener Kerzen, Gummihandschuhe mit Löchern und uralte verkalkte Wasserhähne. Es gibt immer irgendeinen Verwandten in Polen, der das alles eines Tages wird brauchen oder reparieren können.
Zum Glück wendet sich letztendlich alles zum Guten, auch wenn Natalie ziemlich sauer auf Alicja ist. Aber wer eine polnische Mutter hat, der versöhnt sich auch wieder mit seinen Freunden.
Keine Frage, dieses Buch liest man in einem Rutsch durch und ist traurig, dass man die Protagonisten nicht weiter auf ihrem Weg begleiten darf.
Doch laut Verlag sollen ja bald Fortsetzungen folgen!
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