Eoin Colfer: Artemis Fowl, Das magische Tor, Aus dem Englischen von Claudia Feldmann, List Verlag, Berlin 2013, 331 Seiten, €19,99, 978-3-471-35096-6
„Ich denke, da ist ein Element Parodie in Artemis Fowl. Am Anfang war es fast eine Genreparodie, wo ich an die Welt von James Bond dachte und alles in eine Märchenwelt wechselte.“, sagte der Autor Eoin Colfer, den die Mythen und Märchen seiner Heimat Irland schon immer faszinierten, in einem Interview bei seinem Berliner Aufenthalt vor vier Jahren.
Viel Zeit ist seit der ersten Begegnung zwischen Artemis und dem hochentwickelten, magisch begabten Erdvolk vergangen. Mittlerweile ist Artemis mit der eifrigen, ziemlich unabhängig denkenden Polizei-Elfe Holly Short und dem kreativen Zentauren Foaly, eine Hommage an den Erfinder Q in den James Bond-Filmen, fast freundschaftlich verbunden. Einst lebten die Menschen und das kleine Volk zusammen, doch dann trennten sich ihre Wege. Trotz genauer geografischer Verortung und globaler Weite agiert das Superhirn Artemis allerdings in einer geschlossenen, eigenen Welt, in deren Grenzen sich der Leser schnell zurechtfindet.
Der irische Schriftsteller Eoin Colfer hat sich den Namen seines Helden Artemis bei der Herrin der Natur und Göttin der Jagd im antiken Griechenland ausgeborgt. Als in sich widersprüchlicher, dunkler Held etabliert, besticht er durch seinen messerscharfen Verstand, ein Kind, das allerdings motorisch eine Niete ist. Für Eoin Colfer die ideale Besetzung für einen Mehrteiler, denn die guten Helden haben ihn noch nie fasziniert. Sein Artemis Fowl, das Kind mit dem Verstand eines Erwachsenen, ist ein durchtriebener Meisterdieb und ein unausstehliches Universalgenie.
Und so stellte Eoin Colfer fest: „Wenn Artemis Fowl ein guter Mensch wird, dann ist alles vorbei. Wenn er sich für nur 20 Sekunden wie eine freundliche Person verhält und jemandem hilft, dann muss ich alles beenden. Wenn er ein netter Junge ist, ist das das Ende.“
Nun mag Artemis sich charakterlich nicht um 180° gedreht haben, aber er ist doch im Laufe der acht Bände zum Teamplayer geworden. Von seiner Seite weicht natürlich nie sein Getreuer Butler, so wenig wie die Elfe Holly Short, der verrückte, wie erfinderische Zentaur Foaly und der äußerst diebisch verlanlagte Zwerg Mulch mit seiner unersättlichen Poklappe.
In diesem wohl letzten Abenteuer erzwingt die hinterhältige, höchst begabte und äußerst gefährliche Wichtelin Opel Koboi ihre Freilassung aus dem Gefängnis. Sie hat sich einen eigenen Klon, ein jüngeres Ich, geschaffen. Schon genial, aber letztendlich, das sei verraten, auch ihr Verhängnis.
Um die verhassten Menschen auszurotten, schafft es Opel, die schlummernden Berserker aus ihrem Tiefschlaf beim Fowlschen Anwesen zu erwecken. Ihre Seelen suchen sich lebende, wie tote Körper, Tiere und Menschen, leider auch die der vierjährigen Brüder von Artemis, und helfen Opel bei der Öffnung des magischen Tores. Eine erste Vernichtungswelle erreicht die Menschen. Artemis muss eingreifen, um das Schlimmste zu verhindern, denn wenn Opel das zweite Schloss trotz vieler magischer Zauber zu öffnen vermag, dann ist es für immer zu Ende mit der Menschheit.
Wie immer treibt Eoin Colfer seine spannungsgeladene Handlung mit markigen Sprüchen von Zwerg Mulch, der das graben und mausen nicht lassen kann und auch nicht vor dem Fowlschen Anwesen Halt macht, und Artemis sarkastischen Nebenbemerkungen rasant voran.
In den gespreizten, stellenweise auch komischen Dialogen schimmert ab und zu die Fantasyparodie durch. Im strategisch ausgeklügelten Kampf zwischen Gut und Böse auf Leben und Tod reiht Eoin Colfer dann aber einen Höhepunkt an den anderen. Rasante Sprünge, schnelle Ortswechsel, hektische Verfolgungsjagden und action pur wie in Videogames sind eindeutig seine Stärke. Auf der Strecke bleiben seine Hauptfiguren, die wie austauschbare Stereotypen wirken und sich irgendwie mit allen greifbaren magischen Finessen durch den Handlungsdschungel bis zum guten Ende hindurchschleusen müssen.
Da sich Artemis nun doch zum „guten Menschen“ gewandelt hat, fehlt diesem letzten Band der Biss, die fiese Rafinesse der früheren Abenteuer.
Vielleicht ist es ganz gut, sich auch mit Wehmut von Artemis und seinen Freunden zu verabschieden.
Ein neuer, spannender Roman von Eoin Colfer wird sicher nicht lang auf sich warten lassen!
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