Bodil Bredsdorff: Die Mädchen aus der Villa Sorrento, Aus dem Dänischen von Patrick Zöller, Urachhaus Verlag, Stuttgart 2011, 111 Seiten, €12,90, 978-3-8251-7746-1
„Aber in jener Nacht begegnete ich Elinor, und sie lachte über meine Dummheiten. Alle meine Sorgen.“
Bella, die sanfte Ich-Erzählerin, wohnt allein mit Vater und Tante behütet in einem geräumigen Haus. In der Erinnerung der 13-Jährigen existieren nur die altjüngferliche Helga, die als ausgebildete Krankenschwester sich ausschließlich um die Nichte kümmert und der schweigsame, ständig beschäftigte Anwalts-Vater. Einst lernte er seine Frau Agnes durch Helga kennen. Früh ist die Mutter gestorben und Bella verbindet mit ihr keine Bilder.
„Meine Mutter war Zierkies, der unter den Schuhsohlen knirschte.“
Doch dann zerfällt diese innige Gemeinschaft und nichts bleibt wie es war. Bellas Vater schafft ohne Vorabsprache Tatsachen. Er heiratet eine neue Frau. Rigmor bringt ein gleichaltriges Mädchen, Elinor, in die Ehe mit. Vieles, was die Erwachsenen von den Kindern erwarten und wie sie sich verhalten, wirkt auf den Leser wie aus ferner Zeit. Bella wird in keine Entscheidung miteinbezogen, sie fügt sich den Erwartungen der Erwachsenen. Die Geschichte könnte vor gut 50 – 60 Jahren spielen, bleibt aber durch die Allgemeingültigkeit der angeschnittenen Themen wie Glück und Tragik, Schuld und Liebe, Verrat und Vergänglichkeit zeitlos. Die etwas kapriziöse Elinor und die ausgleichende Bella benötigen keine lange Anlaufzeit, um miteinander etwas anzufangen. Sie wälzen die üblichen Fragen und Geheimnisse pupertierender Kinder(Menstruation, Sex) und setzen sich mit den Erwachsenen auseinander. Elinor überschreitet gern Grenzen und macht sich Helga schnell zur Feindin. Die Tante fühlt sich in ihrer Rolle als wichtige Kontaktperson eingeengt, zieht Bella vor und bestraft Elinor, wenn sie kann. Durch die Weite des Hauses scheinen sich aber die anderen Familienmitglieder nicht zu bedrängen. Bella hat keine Probleme mit der neuen Frau ihres Vaters, viel Distanz bleibt auch zwischen Bellas Vater und Elinor. Der Eindruck vermittelt sich als kreisten die frisch Verliebten umeinander und die anderen fungieren nur als Zuschauer. Bellas Vater bittet Helga nach einigen, unliebsamen Vorfällen jedoch, die Erziehung Elinors ihrer Mutter zu überlassen. Durch Elinors Übermut und Helgas Sturheit geschieht ein tragisches Unglück, das wiederum auch wieder alles verändert.
Bodil Bredsdorff entführt den Leser mit ihren unerbittlichen, lakonischen, aber sprachgewaltigen Schilderungen in eine fremde und doch vertraute Welt. Vertraut ist die sich anbahnende Freundschaft der Mädchen, aber auch die Konflikte und die Eifersucht der Tante. Fremd jedoch wirkt das Umfeld – die Schweigsamkeit und emotionale Entfernung der Eltern von ihren Kindern. Die dänische Autorin erzählt sensibel und ergreifend aus Bellas Sicht vom unbegreiflichen Tod und der ewigen Auseinandersetzung mit ihm.
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