M.W.Craven: Der Kurator, Aus dem Englischen von Marie-Luise Bezzenberger, Droemer Verlag, München 2025, 459 Seiten, €16,99, 978-3-426-28457-5

„Zwar wusste Poe, dass nur wenige Verbrechen vollkommen logisch waren, doch auch wenn sie es hier mit zwei Schwachköpfen zu tun hatten, die mehr Glück als Verstand gehabt hatten – tollpatschige Clowns, die irgendwie allen Wahrscheinlichkeiten getrotzt und drei fast perfekte Morde verübt hatten -, so erklärte nichts, warum sie zwei ihrer Opfer mit Narkosemitteln vollgepumpt hatten, während eines einfach an Ort und Stelle kaltgemacht worden war.
Irgendetwas übersahen sie immer noch.“

Von Anfang an ist nichts so, wie es Lesende von einem unterhaltsamen Krimi gewohnt sind und auch erwarten. Nichts passt zusammen, nichts ergibt eine Logik und das über eine sehr lange Seitenzahl.
DS Washington Poe, seine schwangere Vorgesetzte Stephanie Flynn, Superintendent Jo Nightingale und die hochintelligente Analytikerin bei der National Crime Agency, Matilda Bradshaw, genannt Tilly, stehen seit dem 23. Dezember in Carlisle vor einem Rätsel und um ehrlich zu sein, würde das auch so bleiben, wenn nicht jemand vom FBI angerufen hätte.
Alles beginnt auf eine sehr makabre Art und Weise. Eigentlich wollte der schmierige Craig Hodgkiss seiner Freundin Barbara beim Wichteln einen Heiratsantrag machen. Er hatte den Ring in einem Becher platziert. Als die kaum begeisterte Barbara dann ihr Geschenk auspackt, lässt sie es sofort zu Boden fallen. Denn im Becher sieht sie zwei abgeschnittene Finger und auf dem Becher steht kein Heiratsantrag, sondern die unergründliche Botschaft: #BSC6
Zwei weitere Fingerpaare tauchen in einer Kirche und in einem Lebensmittelgeschäft zwischen den Wurstauslagen auf. Die drei Opfer sind der gleich mit einer Garrotte ermordete freischaffende und wohlbeleibte Webdesigner Howard Teasdale, der wegen Kinderpornographie im Gefängnis saß und die beiden entführten Frauen Rebecca Pridmore und Amanda Simpson. Rebecca wohnt als Contract Managerin des Verteidigungsministeriums gut gesichert in einem freistehenden Haus und die fünfundzwanzigjährige Amanda arbeitet als Verkäuferin. Warum bei jedem Opfer ein anderes Schneidwerkzeug zur Entfernung der Finger genutzt wurde, bleibt unklar und was die drei verbindet finden die Ermittler erst sehr spät heraus. Mit Hilfe akribischer wie feinster Ermittlungsarbeit gelangen Poe und Tilly an die Adresse von elf Männern, die alle als mögliche Täter in Frage kommen. Alle hatten einen teuren Drachen gekauft, nur der des Täters hat sich unweit von Rebecca Pridmores Haus im Baum, von dem man Einblick in den Garten hat, verfangen. Als dann der Müll vom richtigen Verdächtigen nach einer Profilerstellung durchsucht wird, erkennt Tilly das entscheidende Argument, um ihn zu verhaften. Robert Cowell und seine bissige Schwester Rhona sind allerdings nur die Gehilfen bei einem perfiden Computerspiel, bei dem der Administrator die zwei erpresst hat. Black Swan Challenge ( #BSC ) dient dazu, Nutzer und Nutzerinnen zu kontrollieren und zu manipulieren und aus der Ferne dazu zu zwingen, bestimmte Personen zu töten. Als eine FBI Agentin, die in Ungnade gefallen ist, Poe von der White Elephant Challange berichtet, ahnt er, dass hinter all dem Ungeheures verborgen ist. Ist der Auftragsmord innerhalb der Opfer versteckt, geht es um Bestrafung oder wohin soll dieser gut choreografierte Plan führen? Wer ist das eigentliche Opfer auf das es der sogenannte Kurator, der in keinster Weise im Darknet oder bei der Auftragsvergabe und Bezahlung in Kryptowährung in Erscheinung tritt, abgesehen hat?
M.W.Craven dreht die Schraube der Gewalttaten im Laufe der Handlung immer weiter an und konstruiert eine Kette von grausigen Taten, die sensiblen Gemütern nicht gefallen würden. Die Serientätergeschichte umkreist dann nicht nur drei Personen, die vor Jahren bei einem Gerichtsprozess als Geschworene eine gemeinsame Entscheidung getroffen hatten, sondern auch die Polizeibeamten selbst. Als eingespieltes Team kennen die originell gezeichneten Ermittler Poe, Tilly und Flynn ihre Stärken und Schwächen. Die schwangere, eigentlich sehr ruhige wie besonnene Stephanie Flynn allerdings kann kaum akzeptieren, dass sie eigentlich zu Hause bleiben sollte und mutiert zu einer fluchenden Vorgesetzten, die keinen Rat annehmen kann, was ihr beinahe zum Verhängnis wird.

Spannend und teilweise sehr konstruiert anmutend, wobei vieles in der Handlung nicht ausgedacht ist, z.B. was der Drucker alles über den Eigentümer verrät und dass diese Art Spiele wirklich existieren und mit allen Konsequenzen gespielt werden.

Spannend wie immer, aber nichts für Leute die lieber Cosy-Crime-Geschichten lesen.