Leonie Kramer: Zwirn Tod, blanvalet Verlag, München 2024, 432 Seiten, €12,00, 978-3-7341-1386-4
„Die Ermittlungen nahm endlich Fahrt auf. Zum ersten Mal hatte er das Gefühl, mehrere lose Fadenenden greifen zu können.“
Wer Spaß an Sprachspielen hat, die sich auf Mordermittlungen und filigrane Handarbeiten beziehen, ob es sich nun ums Weben, Sticken, Stricken oder Spinnen dreht, wird bei Leonie Kramers Krimi – Plots bestens bedient. Ihr Kommissar Tim Wallenstein, ein Vorfahre des berühmten Helden aus Friedrich Schillers Drama, wohnt in dem schönen wie fiktiven Ort Madlfing am Stachelsee ziemlich spartanisch beim ehemaligen SEK-Mitarbeiter Arne Kentgen. Dieser will trotz einiger Widerstände den Gasthof „Zum Lindenwirt“ renovieren und betreiben. Allerdings verzögern sich die Bauarbeiten, da unter dem Bierlager ein Skelett auftaucht. Leider ist dies kein historischer Fund, sondern entpuppt sich als Cold Case, denn der Tote trägt Turnschuhe und wurde offensichtlich durch eine Handspindel getötet. Ein Grund mehr, dass der Krimi- und Handarbeitsclub mit all seinen weiblichen Mitgliedern in Aktion treten muss und helfend an Wallensteins Seite steht, um sich in den Fall einzuspinnen. Wallensteins „Traumfrau“, obwohl er das einfach nicht zugeben will, ist Ariadne, die sich momentan bei ihrer Familie in Island aufhält. Ständiges Telefonieren ersetzt allerdings nicht die Nähe, die Wallenstein gern hätte, die allerdings mit Ariadne nicht so richtig funktioniert. Ihr gehört auch der Laden mit dem zweideutigen Namen „Wolllust“, den nun Albert betreibt. Seine Frau ist Lissi Wagner, die Streifenpolizistin vor Ort und diejenige, die vor lauter Frust über ihr schreiendes Neugeborenes pausenlos Knöllchen im Ort verteilt.
Leonie Kramer fährt in Gegenwart wie Vergangenheit sehr viel Personal in ihrem Krimi auf und sie verliert sich gern in Kurzvorträgen über griechische Schicksalsgöttinnen, die Geschichte des Spinnens oder weitere interessante Sachthemen. Während der Versuch unternommen wird, die Identität der Leiche zu ergründen, gibt es einen Auftritt der energischen und nicht gerade beliebten Bürgermeisterin, Irene Goschenhöfer. Sie mag weder den Ermittler Wallenstein, noch die Frauen, die sich so gern mit Kriminalfällen befassen. An Goschenhöfers Seite befindet sich immer der Raiffeisenbankdirektor, Hartmut Zwickel. Zu gern möchten die beiden den Ort in ein Touristenzentrum umwandeln und natürlich sorgen sie dafür, dass Arne aus Köln keinen Kredit bekommt. Nach und nach wird deutlich, dass der Tote wahrscheinlich Mathias Neuner ist. Einst als Hippie in den Ort seiner Eltern zurückgekehrt, hat er nach deren Tod alles geerbt, und ist reich und unbesorgt angeblich nach Indien abgedampft. Als Verwalter hatte er den damaligen Bürgermeister und bereits verstorbenen Vater von Irene Goschenhöfer eingesetzt. Seltsam ist nur, dass Goschenhöfer und Neuner sich nie gut verstanden haben und der ehemalig Lindenwirt Tassilo Karg sich nach einiger Zeit umgebracht hat.
Als dann die ehemalige Freundin von Neuner, Svenja Ritzke, sechsunddreißig Jahre später wutentbrannt in dem bayerischen Kaff mit ihrer Tochter auftaucht und dreist ihr Erbe einfordert, hoffen die Ermittler, dass ein DNA – Test von Vater und Tochter endlich Gewissheit verschafft.
Doch dann geschieht ein neuer Unfall, der sich als Mord entpuppt. Der völlig unbescholtene Mitbürger Thomas Berglein ertrinkt angeblich und Wallenstein kann eigentlich wieder ganz von vorne anfangen, denn der DNA – Test bringt auch kein zufriedenstellendes Ergebnis. Erst als der Kommissar dem Geld folgt, kommen ein paar Fäden zusammen.
Verzwickt und zugenäht ist dieser neue Fall, den Wallenstein und die handwerklich begabten Frauen vom MKHC natürlich entheddern werden. Temporeich und mit Sprachwitz geschrieben finden auch Krimi-Fans, die keinen Bezug oder Interesse an Handarbeiten haben, Gefallen an diesen originell erdachten Geschichten rund um Wolle, Mord und hoffentlich bald Liebe.