Petra Hartlieb: Freunderlwirtschaft, Dumont Verlag, Köln 2024, 416 Seiten, €18,00, 978-3-8321-8201-4
„In einem war sich Jessica sicher: Max brannte für die Politik, lebte für dieses Land, glaubte wirklich an die Sache. Die Sache … Was war die Sache? Eine neue Politik, transparent und ohne Freunderlwirtschaft, fernab alter, verkrusteter Strukturen, modern und weltoffen und dennoch unseren Traditionen verpflichtet. Was würde passieren, wenn Max sich selbst anzeigte?“
Rechte Politiker, die ihr Land und vor allem auch die Presseorgane liebend gern an russische Geldgeber verscherbeln, sind ja in Österreich nichts Neues. Und kaum ist etwas Zeit vergangen, haben die Österreicher auch wieder alles vergessen und wählen eine rechte Partei ins Europarlament, die alles kennt, nur keine Skrupel.
Auch Max Langwieser, der junge Minister für Landwirtschaft und Tourismus, gehört in die Reihe der aufstrebenden Politiker, die natürlich mit dem Kanzler seit Urzeiten befreundet sind. Langwieser ist dazu noch korrupt, ausländerfeindlich und verschwendet keinen Gedanken an Nachhaltigkeit oder Umweltschutz. Doch nun wurde der Minister tot in seiner riesigen, teuer eingerichteten Wohnung im 8. Bezirk aufgefunden. War es ein Unfall oder hat ihn jemand gewaltsam gegen den schicken Designertisch gestoßen? Als die Ermittlerin Alma Oberkofer, gerade von Linz nach Wien in den Posten der Leiterin der Abteilung Leib und Leben gewechselt, die Leiche in Augenschein nimmt, verwundert sie die Aufteilung der Wohnbereiche. Akkurat und penibel aufgeräumt ist der Herrenteil, eher nachlässig und unsortiert der Damenteil und vor allem haben die frisch Verlobten in getrennten Schlafzimmer die Nächte verbracht. Wie haben Max Langwieser und seine Verlobte Jessica Pollauer zusammen gelebt? Interessant ist auch, dass Jessica seit dieser Nacht offenbar sehr professionell auf der Flucht ist. Hatte sie mit ihrem Partner einen heftigen Streit? Da beide in Ministerien, Jessica ist PR-Frau im Wirtschaftsministerium, tätig sind, befragen die Ermittler, neben Alma sind das der kurz vor der Pensionierung stehende Robert Kolonja und der äußerst ehrgeizige Tarik Babic, auch die oberste Riege des Staates.
In Zeitsprüngen vermittel Petra Hartlieb ( Inhaberin einer Wiener Buchhandlung und natürlich ist die Nachbarin von Alma eine patente Buchhändlerin ) den Lesenden ein Bild von ihren Hauptfiguren. So taucht sie in die Arbeits- und Privatleben ihrer Hauptfiguren ein, erzählt somit von Almas Werdegang zur hochrangigen Polizistin, aber auch vom aktiven wie umtriebigen Leben der ehrgeizigen Politiker, die bis hin zum Bundeskanzler alle um die dreißig Jahre alt sind.
Jessica wird nur einmal der Mutter eine SMS von ihrem Prepaid-Handy schicken und dann in Costa Rica abtauchen. Sie hatte mit Max eine grundsätzliche Auseinandersetzung als sie per Zufall einen E-Mail Verkehr auf seinem Laptop gelesen hat. Und natürlich dreht sich hier alles um Größenwahn, aber auch Bestechung und ein Gondel- wie Hotelprojekt im schönen Pfitztal. Allerdings regte sich bereits Widerstand und eine Umweltaktivistin liegt nun nach einem Absturz im Koma. Mag Jessica verdächtig sein, so gibt Petra Hartlieb ihr doch eine eigene Erzählstimme und spricht sie damit frei.
Denn dieser Who Done It – Krimi baut natürlich auf einen Spannungsbogen, wo die Geheimnisse erst zum Ende hin aufgedeckt werden und leider kaum überraschen.
Und doch lässt Petra Hartlieb interessante Ermittler auf die Kriminellen in Wien los, verleiht ihnen einen persönliche Geschichte und macht neugierig auf den nächsten Fall der zielstrebigen Alma Oberkofer. Ob sie nochmals die Energie aufbringt, um den Mord an ihrer Schwester, zu der Zeit war Alma zwölf Jahre alt, dessen Aufklärung offenbar ebenfalls durch Freunderlwirtschaft zwischen der Polizei und den Mächtigen des Ortes versandet ist, angeht, bleibt offen.