Alexander Oetker schreibt als Yanis Kostas: Zyprische Geheimnisse, Atlantik Verlag, Hamburg 2024, 240 Seiten, €18,00, 978-3-455-01746-5
„Was, wenn sie sich die ganze Zeit auf das völlig falsche Motiv gestürzt hatten? Es war aber auch allzu offensichtlich gewesen. Der Vogelmord und der Kampf der Tierschützer gegen die Jäger? Was, wenn Karl Schiller wegen etwas ganz anderem getötet worden war?“
Traditionen sind sicher etwas Wunderbares, sie verbinden und sie erzählen auch von der traurigen Geschichte eines Landes. Auf Zypern war es lang üblich, ein Gericht zu verspeisen, dass „Ambelopoulia“ genannt wurde. Heutzutage wird dieses nur noch heimlich serviert, denn Nachtigallen, Drosseln oder Mönchsgrasmücken vom Grill sind verboten. Doch die Polizei drückt immer ein Auge zu, wenn die Vogeljäger mit ihren perfiden Methoden Zugvögel töten. Und wenn sogar von oberster Stelle diese „Tradition“ toleriert wird, dann können Chief Inspector Kostas Karamanlis und seine Mitarbeiterin, die clevere Sofia Perikles wenig unternehmen.
Doch dann wird im britischen Sektor in Dekelia ein Toter gefunden und dieser führt die Polizisten zu Umweltschützern, die nicht nur die Meeresschildkröten retten wollen, sondern auch die Vogelmafia stoppen. Als Umweltaktivist war Karl Schiller die treibende Kraft gegen die Vogelfänger. Der Sechsundsechzigjährige wurde offensichtlich erschossen. Später stellt sich heraus, er kam durch seine eigene Waffe zu Tode. An seinem Wohnort in Kyperounda, einem kargen Bergdorf, sprechen die Leute nicht gern über ihn. Er ist und bleibt der Deutsche, der gern Ärger macht. Als einstiger DDR-Bürger hatte er zu Zeiten des Eisernen Vorhangs Kinder aus der DDR begleitet, die sich im nahen Sanatorium erholt haben. Nach der Wende zog er dann nicht ans Meer, sondern in die Berge. Kostas und Sofia haben kaum mit ihrer Polizeiarbeit begonnen, da wird ihnen der Fall vom allseits unbeliebten Innenminister entzogen. Doch Kostas lässt sich davon nicht abhalten. Durch seine guten Kontakte zur britischen Polizei werden ihm wichtige Informationen zugespielt, er kann alteingesessene Bewohner, wie z.B. Lady Gladstone befragen und durch Sofias freundliche Art reden auch die Umweltschützer mit der Polizei, der sie eigentlich nicht vertrauen, um die Vogelfänger dingfest zu machen.
Dass Kostas wenig Respekt vor seinen Vorgesetzten hat, scheint mutig. Als die Polizisten dann den Innenminister auch noch beim Verspeisen eines Tellers von Vögeln erwischen, kommt es zu einem offenen Machtkampf. Als dann jedoch die ersten ernsten Verhöre beginnen, wird langsam deutlich, dass der Wirt aus Kyperounda mit seinem Namensvetter zwar illegal Vögel gefangen hat, aber Karl Schiller hat er nicht ermordet.
Spannend liest sich dieser mal zur Abwechslung schmale Krimi, in dem vieles ganz nebenbei über die Landeskunde Zyperns, die Teilung, die britische Sonderverwaltungszone, die Stellung in der EU und die Bewohner berichtet wird. Allerdings haben sich auch Fehler eingeschlichen, denn der Eiserner Vorhang hat die DDR nicht fünfzig Jahre von der westlichen Welt abgetrennt. Die Fakten sollten einfach stimmen.