Martin Suter: Allmen und Herr Weynfeldt, Diogenes Verlag, Zürich 2024, 224 Seiten, €26,00, 978-3-257- 07279-2
„Es war der bisher seltsamste Auftrag in der Geschichte von Allmen International Inquiries. Ein gestohlenes Bild finden, das entweder keinen oder einen sehr hohen Wert hatte. Und sämtliche Verdächtige waren gute Freunde des Bestohlenen.“
Der Kunstexperte und finanziell mehr als abgesicherte Adrian Weynfeldt taucht nicht zum ersten Mal in der Figurenwelt des Schweizer Autors Martin Suter auf. Im Jahre 2008 erschien bereits ein Roman, in dessen Mittelpunkt Weynfeldt und die Liebe nicht nur zu Gemälden stand.
Nun begegnen sich Johann Friedrich von Allmen, ein gut gekleideter wie gebildeter Snob und Adrian Weynfeldt, beide im fast gleichen Alter, per Zufall in einer Bar. Allmen, der nie liquide ist ( Er borgt sich lieber Scheine von seinem Hausdiener und Koch Carlos.), aber immer so tun muss, als sei Geld für ihn kaum von Wichtigkeit, gelingt es, das Vertrauen Weynfeldts zu erlangen. Laut der Devise, Kreditkarten sind eher etwas für Kleingeister und Geld wird nicht gezählt, nur ausgegeben, scheinen Allmen und Weynfeldt, die beide wie abgehoben oder gar weltfremd keinen Computer besitzen, erste gemeinsame Schnittstellen zu finden und beide lieben die Kunst und verstehen auch etwas davon. Als Allmen dann in die Wohnung Weynfelds eingeladen wird, bemerkt der Hausherr, dass ein Gemälde in der großen Wohnung, eher in einem Raum platziert, der nicht oft besucht wird, verschwunden ist. Angeblich wurde dieses gut transportierbare Bild, einfach zu verstauen in einer Einkaufstasche, von Picasso gemalt. Allerdings ist die Kunstwelt nicht sicher, aber Weynfeldt liebt dieses Kunstwerk. Als Freundschaftsdienst, der natürlich großzügig honoriert werden soll, bietet Allmen seine Expertise an und beginnt mit der Recherche.
Nach einem Empfang von Freunden am 3. Juni scheint das Bild, auf geheimnisvolle Weise verschwunden zu sein. Aus unerfindlichen Gründen können die Videoaufnahmen von diesem Abend nicht eingesehen werden und so muss Allmen, natürlich diskret, Weynfeldts Partygäste befragen.
Alle sogenannten Freunde von Weynfeldt, der eher die Einsamkeit liebt, sind finanziell von seinem Wohlwollen abhängig. Wie sollte da jemand, diese Großzügigkeit aufs Spiel setzen, nur um ein Gemälde zu stehlen, dass auf dem Kunstmarkt nie angeboten werden könnte und dessen Herkunft sowieso dubios ist? Im Zuge der Gespräche mit einem Filmemacher, einer Buchhändlerin und ihrem On – Off – Freund, einem Maler, einem Architekten, einem Treuhänder, der am Ende seiner Berufskarriere eher bargeldlos dasteht und der Witwe des ehemaligen Hausarztes stellt sich nur heraus, dass alle Geld benötigen, aber niemals ihren Mäzen bestehlen würden. Oder doch?
Als dann jedoch die Buchhändlerin Karin Winter, bevor sie Allmen wichtige Informationen mitteilen wollte, von der Treppe stürzt und stirbt, wird es langsam spannend. Wer war vor dem Unfall oder Mord bei Karin Winter? Was hatte sie zu sagen? Und warum reist der Maler Rolf Strasser plötzlich so schnell nach Rom? Hatte er doch Karin Winter an diesem schicksalhaften Tag besucht.
Nicht der Fall ist bei der Lektüre wichtig, es sind eher die Interaktionen zwischen den Figuren von Interesse. Die Noblesse von Weynfeldt und die zur Schau gestellte Scheinidentität Allmens amüsiert sicher die Lesenden, die Tag für Tag arbeiten müssen und denen niemand etwas schenkt.
Leider verbindet man beim Lesen des neuen Bandes mit der Figur des Johann Friedrich von Allmen das Gesicht und die schreckliche Perücke von Heino Ferch, der in den Verfilmungen in die Hauptrolle geschlüpft ist. Neben den knallharten, wie schweigsamen Männern, die er sonst darstellt, ist diese Rolle des Lebemannes ohne finanziellen Hintergrund sicher nicht ohne Reiz für den Schauspieler, in der Rolle des von Allmen jedoch eher eine Fehlbesetzung.