Rachel Hawkins: Windnacht, Aus dem Amerikanischen von Elvira Willems, Heyne Verlag, München 2023, 352 Seiten, €16,00, 978-3-453-42702-0
„Ich hatte keine Ahnung, dass ich so sein kann, und es beeindruckte mich, dass wir dermaßen auf die niedersten menschlichen Instinkte zurückfallen, wenn wir die Zivilisation hinter uns lassen, und sei es nur vorübergehend.“
Die fünfundzwanzigjährige Lux hat in Hawaii auf Maui ihren Traummann gefunden. Er heißt Nico, ist ein gutaussehender Kerl, der auch noch ein Boot hat und einfach umwerfend charmant ist. Wenn Lux zurückschaut, dann weiß sie, dass sie eine mehr als schwierige Zeit hinter sich hat. Jahrelang hat sie ihre krebskranke Mutter gepflegt und sich selbst dabei völlig vergessen. Nie hatten sie viel Geld, allerdings stammt Nico aus reichem Elternhaus, dessen Erwartungen er nicht erfüllen will. Auf Maui arbeitet Lux in einem Hotel als Zimmermädchen, verliert jedoch ihren Job. Als die beiden Studentinnen, Brittany und Amma, Nico ein umwerfendes Angebot machen, kann er nicht Nein sagen. Sie geben ihm 50.000 Dollar, er kann sein Boot reparieren lassen und sie reisen gemeinsam zu einem einsamen Atoll namens Mereo. Sogar Lux kann mitkommen, was sie eher misstrauisch stimmt. Britanny und Amma haben sich auf der Uni in einer Trauergruppe kennengelernt. Britanny hat durch die Tat eines Jugendlichen ihre gesamte Familie verloren. Sie ahnt nicht, dass Amma die Freundin dieses Jungen ist, der im Gefängnis sitzt.
Als die ungewöhnliche Reisegruppe dann mit der Susannah das Atoll erreicht, sind alle fasziniert von der Schönheit der weißen Strände, den Kokospalmen und dem Dschungel. Nicht so begeistert sind Nico und Lux von einem Katamaran und seiner Crew. Es sollte doch eine ungestörte wie einsame Tour werden. Immerhin benötigen Leute heute Postkartenidyllen für ihre Instagram – Fotos, die nicht alle schon mal gesehen haben.
In Rückblicken lernen die Lesenden nach und nach die einzelnen Frauenfiguren und ihre Geschichten kennen. Insbesondere dreht sich alles um Britannys und Ammas Reise durch Europa und ihre Bekanntschaft mit Chloe, die ziemlich gut Leute bestehlen kann.
Eliza und Jake vom Katamaran stammen aus Australien und auch Jake ist Sohn einer reichen Familie. Sie erscheinen den anderen wie ein Traumpaar, so ausgeglichen und so verliebt. Die Frauen verstehen sich untereinander nach einer Weile ziemlich gut, nur Amma hat so ihre Probleme, auch mit der Enge auf dem Schiff.
Angeblich bringt die Insel niemandem Glück, Ausschnitte aus historischen Tagebüchern und Briefen, berichten von unschönen Begegnungen. Bei einem Ausflug in den Dschungel entdecken Lux und die anderen einen Schädel. Sie wissen, dass dieses Atoll im 2. Weltkrieg eine wichtige Rolle gespielt hat.
Als dann noch Robbie, ein Amerikaner, zur Truppe stößt, beginnen in der Gemeinschaft erste Konflikte auszubrechen. Alle sind sich einig, dass Robbie wirklich unsympathisch und hinterhältig ist. Sie legen ihm nahe abzureisen. Aus Rache hat er wohl Funkgeräte auf beiden Booten zerstört und Lux‘ Pass gestohlen, was sie allerdings erst entdeckt, als sie auf Robbies Leiche stoßen. Er hat wohl giftige Fische gegessen.
Dass sich letztendlich alles völlig anders abgespielt hat, ahnen die Lesenden sicher bald. Denn, wie gut kennt man wirklich jemanden, den man glaubt zu lieben? Lux jedenfalls entdeckt Amanda und Nico im Bett und durch dieses Ereignis beginnt die ganze Konstellation der Figuren, plötzlich zu kippen. Dass es um Rache geht, ist dann doch eine ungewöhnliche Wendung in dieser psychologisch so ausgefeilten Handlung.
Spannend und exotisch!