Guillaume Musso: Die Unbekannte, Aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Bettina Runge, Piper Verlag, München 2023, 416 Seiten, €18,00, 978-3-492-06376-0
„Die einzige Person, die ich in meinem Leben geliebt hatte, und deren Blick mir wichtiger war als alles andere, würde sterben und dabei das Bild des elenden Verräters mit ins Grab nehmen. Ich musste den Schein also bis zum Ende wahren.“
Eine nackte Frau wird aus der Seine gerettet und diese ist, niemand kann es nach der Klärung ihrer Identität so wirklich glauben, vor einem Jahr bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe von Madeira ums Leben gekommen. Es handelt sich um die bekannte deutsche Pianistin Milena Bergman. Aus der psychiatrischen Station geflohen, weiß niemand was hinter diesem ungeheuren Rätsel stecken kann. Keine Frage, dies gehört in den Ermittlungsbereich von Capitaine Roxane Montchrestien. Die Polizistin wurde erst seit kurzem sozusagen abkommandiert und arbeitet nun in einem sehr alten Pariser Wachturm im 7. Arrondissement im Büro für Aufklärungen außergewöhnlicher Fälle. Commissaire Marc Batailley war bisher hier stationiert, musste allerdings wegen eines Treppensturzes ins Krankenhaus. Sein Sohn, Raphaël Batailley, ein bekannter Schriftsteller, und hier beginnen die seltsamen Zufälle, und Milena Bergman waren sozusagen ein Glamourpaar, deren Spuren ein Journalist verfolgte.
Mal aus Raphaëls Sicht, dann wieder aus der personalen Perspektive von Roxane entwickelt Guillaume Musso nun ein markantes Versteckspiel, denn nichts ist so, wie es zu sein scheint.
Alle Romane, die Raphaël Batailley, geschrieben hat, widmete er seiner mit vier Jahren auf tragische Weise verstorbenen Schwester Vera. Damals ein Schicksalsschlag, den die Familie nicht überwunden und Vater und Sohn eng verbunden hat. Schuldgefühle, aber auch der Hass auf die Mutter, treiben Raphaël an und zwingen ihn zu einer Lüge, die das Leben des krebskranken Vaters zumindest verlängern soll. Der Autor Raphaël Batailley lebt in einem sagenhaften Glashaus, dass allerdings von außen nicht einsehbar ist. Vor diesem Haus wird
Milena stehen und sie wird von einem Mann verfolgt, der als Satyr kostümiert ist.
Diese seltsame Szene scheint, auch das glaubt die taffe Ermittlerin Roxane, mit den Tätowierungen in Einklang zu stehen, die auf den Gott Dionysos hinweisen.
Immer undurchsichtiger wird diese Geschichte, denn natürlich kann die eindeutig identifizierte Tote Milena nicht wieder auferstehen. Doch was steckt hinter diesem ganzen Szenario? Was haben die grausigen Morde, die auf Dionysos und dem immer gleichen Modus Operandi aufweisen, mit Milena und ihren Tätowierungen zu tun?
Guillaume Musso konstruiert vor dem Hintergrund von grausigen Taten die Geschichte einer engen Beziehung zwischen Vater und Sohn. Die Notlügen des Sohnes im Guten führen allerdings zu seltsamen Geschehnissen, die auch Roxane, die wirklich hart an diesem Fall arbeitet, vor Abgründe stellt.
Spannend am Beginn zu lesen, doch im Verlauf verfängt sich der Autor in einer zu konstruierten Handlung. Schade.