Shulamit Lapid: Der Hühnerdieb, Lisi Badichis zweiter Fall, Aus dem Hebräischen von Miriam Pressler, Dörlemann Verlag, Zürich 2023, 432 Seiten, €20,00, 9783038201250
„Als Lisi Badichi loszog, um über die Beerdigung von Polizeiinspektor Awner ‚Rosi‘ Rosen und seiner Freundin Tami Simon zu berichten, wäre ihr im Traum nicht eingefallen, dass der Tote bei ihrer Rückkehr in ihrer Wohnung sitzen würde.“
Mit diesem bereits spannenden ersten Satz beginnt der zweite Band der Lisi Badichi – Reihe. „Der Hühnerdieb“ ist allerdings eine Neuauflage, erstmals in deutscher Übersetzung 1997 erschienen. Die etwas zu groß geratene Journalistin Lisi mit den zu breiten Füßen schlägt sich wie immer mit ihrem ruppigen Chef herum und sie wird neben ihren Recherchen und Interviews für ihre Zeitschrift mit dem Polizisten Rosi ermitteln, wer hinter einem perfiden Mord und vor allem Kunstschmuggel im großen Stil steckt. Eingebrockt hat ihr die ganze Geschichte ihr Schwager Benzi Koresch, den alle als Polizisten nicht so ganz ernst nehmen und der auch noch Rosi erzählt, dass Lisi kein Sozialleben hat, also niemand unverhofft in der Wohnung steht, was Lisi sehr verärgert. Hinzu kommt, dass die Bewohner Israels sich zum Zeitpunkt der Handlung 1991 im Golfkrieg befinden und vor allem vor Gasangriffen fürchten.
Der Polizist Rosi war mit der Geschäftsfrau Tami Simon, die aus reichem Hause stammt, liiert. Als beide nun nach Hause kamen, wurden sie von den Schüssen eines Mannes überrascht. Doch wer war der Schütze und warum sollten sie ermordet werden? Zwar liegt Rosi nun begraben, aber der Tathergang, und dies muss unbedingt geheim bleiben, verlief anders. Tami wurde erschossen, aber Rosi konnte schnell reagieren und den Schützen töten. Er hat die Kleidung des Mannes angezogen, ihn ins Auto gesetzt, ins Gesicht geschossen und sich Benzi anvertraut. Diesem fiel als Unterschlupf nur die Wohnung seiner Schwägerin Lisi ein. Doch Lisi ist nicht begeistert vom Toten, der offenbar Tamis Vater im Visier bei seinen Recherchen beim Kunstschmuggel hatte, den sie auch noch verköstigen muss. Natürlich will sie die Geschichte dieses Mannes exklusiv für ihre Zeitung. Sie beginnt zu recherchieren, allerdings hat Benzi kaum Rückenwind von der polizeilichen Seite, denn sein Vorgesetzter hält nicht viel von ihm.
Was dieser Fall nun mit verschollenen Partituren des Komponisten Alexander Nikolajewitsch Skrjabin und zwei Bildern von Chaim Soutine zu tun haben, entwirrt sich im Laufe der doch in sich verwickelten Handlung, in der es um Schuld geht, aber auch um Skrupellosigkeit und Gier, mit zahlreichem Personal, wobei die Figuren oft skurril angelegt sind und vor allem auch vielschichtig.
Was die Dialoge und Gedankengänge von Lisi und somit auch die Romanhandlung bei allen unerwarteten, auch überladenen Verläufen und Wendungen in Europa und Israel so interessant machen, ist der feine Humor der Hauptfigur.